Als erste TV-Serie des legendären Studio Ghibli wird Ronja Räubertochter ja gern angepriesen. So ganz stimmt das aber nicht. Während die Animelegenden an der Produktion beteiligt waren und Gorô Miyazaki (Der Mohnblumenberg, Die Chroniken von Erdsee) Regie führte, waren für die konkrete Umsetzung jedoch die Kollegen von Polygon Pictures zuständig. Wie bei dem Studio üblich wird hier dann auch vor allem der Computer bemüht. Bevor Puristen sich angewidert wegdrehen: Ausnahmsweise sieht die Kombination von Anime und CGI hier sogar recht gut aus, da die berechneten Figuren sich allesamt dem Zeichentricklook annähern. Gewöhnungsbedürftig ist das zwar schon, gerade auch wenn die Charaktere sich vor verschwenderisch-malerischen, aber eben doch starren 2D-Hintergründen tummeln. Insgesamt ist es aber charmant und detailverliebt, was die Japaner hier auf die Bildschirme zaubern. Und besser animiert als vieles, was die traditionelle Konkurrenz so macht.
Dass man dem Anime seine Fremdgänge verzeiht, liegt aber auch an den sorgfältig herausgearbeiteten und sympathischen Figuren. Wie auch bei Astrids Lindgren gleichnamiger Romanvorlage dreht sich hier alles um einen Haufen Räuber, die auf einer abgelegenen Burg leben und sich über Nachwuchs freuen dürfen: Boss Mattis und dessen Frau Lovis dürfen sich über Töchterchen Ronja freuen. Und der Rest der Bande gleich mit. Gerade die Reaktionen der gestandenen Männer, sobald sie das süße Kind sehen und dafür alles stehen und liegen lassen, sind doch sehr unterhaltsam. Neben den komischeren Elementen darf es während der ersten sechs Folgen aber auch etwas spannender werden, wenn Ronja das erste Mal die schützende Burg verlässt und dabei diverse unheimliche Gestalten trifft, die auch aus einem „echten“ Werk von Studio Ghibli hätten stammen können.
Da Volume 1 nur das erste Viertel der 26 Folgen starken Serie enthält, ist zumindest für Romanunkundige noch nicht ganz ersichtlich, in welche Richtung sich die Geschichte weiterentwickelt. Komik? Spannung? Oder wird es doch um das Miteinander mit der rivalisierenden Borkas-Bande gehen, die hier mehrfach auftaucht? Auch die Frage nach der Bedeutung des Gewitters, während dessen Ronja geboren wurde, bleibt unbeantwortet. Der Ersteindruck ist aber auf jeden Fall vielversprechend, macht neugierig auf das, was einen in den Folgevolumes erwartet. Nummer 2 steht übrigens bereits in den Startlöchern, soll am 11. November auf DVD und Blu-ray erscheinen.
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