(„Sausage Party“ directed by Conrad Vernon and Greg Tiernan, 2016)
Der Unabhängigkeitstag naht, und damit die Chance, das große Jenseits zu erreichen! So stellen sich zumindest das Würstchen Frank und das Brötchen Brenda das vor, was jenseits der Supermarkttür auf sie wartet. Gefühle füreinander haben die beiden Lebensmittel schon lange, so lange sie aber durch das Plastik ihrer Verpackungen getrennt sind, gibt es für sie keine Möglichkeit, diese Gefühle auch auszuleben. Doch gerade am Feiertag werden die Regale meist leergekauft, das Warten hat endlich ein Ende. Tatsächlich landen die zwei auch gemeinsam im Einkaufswagen einer Kundin, aufgrund diverser Missgeschicke aber anschließend auch gleich auf dem Boden. Nun muss das Duo gemeinsam mit einigen anderen verschütteten Nahrungsmitteln allein den Weg zur Tür finden. Das ist nicht das einzig Beunruhigende an der Sache: Ein zurückgegebenes Honigsenf-Glas hat furchtbare Geschichten aus der Menschenwelt zu erzählen.
Was wurde nicht im Vorfeld für Sausage Party die Werbetrommel gerührt, dass es endlich wieder einen Animationsfilm für Erwachsene gäbe. Manche Kritikerseite schrieb sogar, es handelte sich um den ersten Vertreter mit einem R-Rating (frei ab 17 Jahren). Das war natürlich Unsinn, von Coonskin über Heavy Metal und Akira bis zu South Park: Der Film, Waltz with Bashir und Anomalisa ist die Tradition lang und variantenreich, von künstlerisch anspruchsvoll bis zu grenzdebil war da alles schon dabei. Neu ist an dem Film hier jedoch, dass es weder Menschen noch Tiere sind, welche sich wenig kindgerecht verhalten, sondern Lebensmittel. Auf eine Idee von Seth Rogen, Evan Goldberg und Jonah Hill geht die Geschichte um das Würstchen- und Brötchen-Gespann zurück. Und wer vorherige Kollaborationen der ersten beiden gesehen hat – etwa Das ist das Ende und The Interview –, der dürfte schon eine recht genaue Vorstellung davon haben, was einen hier erwartet.
Schon der Einstieg rechtfertigt eine hiesige Freigabe ab 16 Jahren: Brenda ist wie eine Vagina geformt, Würstchen Frank nicht nur optisch das passende männliche Gegenstück dazu. Und spätestens, wenn die beiden anfangen zu fingern, dürfte auch der letzte verstanden haben, in welche Richtung die Reise hier geht. Sexuelle Anspielungen gibt es im Laufe der anderthalb Stunden mehr als genug, sofern man hier angesichts der doch recht expliziten Darstellungen überhaupt noch von Anspielungen sprechen kann. Anspruchsvoll ist das natürlich nicht, dafür manchmal – aufgrund der grotesken Situationen – aber immerhin witzig.
Unterhaltsamer als die mitunter etwas langgezogenen und nicht wirklich abwechslungsreichen Sex-Gags sind die anderen Einfälle. Denn die kommen teilweise wirklich aus dem Nichts und zeigen dem missglückten Yoga Hosers kürzlich, wie lustig geschmacklose Lebensmittelscherze sein können. Vor allem aber wird Sausage Party an einigen Stellen unerwartet ambitioniert, wenn mal nicht die Zone unterhalb des Gürtels befeuert wird, sondern sich die Helden wider Willen mit metaphysischen Fragen auseinandersetzen müssen. Diese halten zwar nicht lange an, bevor wieder weitergeblödelt wird, fügen sich aber überraschend harmonisch in das spätpubertäre Gerangel ein, und schaffen es, eine ganze Reihe von Glaubensrichtungen auf einmal aufs Korn zu nehmen.
Das derbe Umfeld muss man natürlich mögen, Sausage Party macht keinen wirklichen Hehl daraus, ein Film für bestimmte Stimmungen, Begleitungen und Alkoholpegel zu sein. Kommt alles zusammen, dann kann man hier auch trotz gelegentlicher Längen tatsächlich seinen Spaß haben, gerade beim furiosen over-the-top-Finale. In die Geschichtsbücher wird der auch optisch eher simpel und knallig gehaltene Film sicher nicht eingehen, eine nette Alternative zu den oft sehr austauschbaren Vertretern der Kino-Animationsfilme ist er aber allemal.
(Anzeige)