(„Megami Kōhosei“ directed by Mitsuru Hongo, 2000)
Fast wäre von den Menschen nichts mehr übriggeblieben. Nahezu alle Planeten, auf denen sie einst lebten, wurden 4084 zerstört. Nur Zion und umliegende Kolonien boten ihnen noch eine Heimat. Und ausgerechnet diese werden, ein knappes Jahrtausend später, zum Angriffsziel der Victims, einer außerirdischen Rasse. Fünf riesige Roboter, Göttinnen genannt, sind es, mit denen die Invasoren zurückgehalten und die Menschen gerettet werden sollen. Doch nur Jugendliche sind in der Lage, eine solche Göttin zu steuern. Und so ist die GOA, die Goddess Operator Academy, ständig auf der Suche nach neuen Rekruten, darunter auch der 15-jährige Zero Enna.
Vorfreude ist die größte Freude, besagt ein altes Sprichwort. Dass sie manchmal aber auch die einzige Freude ist, das lehrt einen The Candidate for Goddess. Auf dem Papier hörten sich die Bestandteile eigentlich ganz vielversprechend an. Eine Science-Fiction-Serie aus Japan, einem Land also, das sich wie kaum ein zweites diesem Genre verschrieben hat und dabei viele originelle Vertreter hervorbrachte. Regie führte Mitsuru Hongo, der bei der ersten Manga-Adaption Spirit of Wonder ein Händchen für schöne, sehr personenbezogene Sci-Fi-Stoffe zeigte. Die Umsetzung des Animes wiederum erfolgte durch das Studio Xebec, das einst mit Martian Successor Nadesico eine recht humorvolle Variante einer Space Opera ablieferte.
Bei The Candidate for Goddess, welche auf einen Manga von Yukiru Sugisaki (D.N. Angel) zurückgeht, wird man jedoch nur wenig Grund für Erheiterung finden. Selbst in den Szenen nicht, wenn es der Anime eigentlich darauf angelegt hat. Das erste große Problem der Serie ist, dass einem, abgesehen von der übertrieben dramatischen Musik, die immer losgelöst vom Geschehen loszudröhnen scheint, das meiste einfach zu bekannt vorkommt. Vor allem Neon Genesis Evangelion wurde hier ein bisschen zu offensichtlich zum Vorbild erklärt, nur dass sich hier eben alles um Göttinnen dreht und keine Engel. Ansonsten sind die Bestandteil schon sehr ähnlich: Riesenroboter, die ausschließlich von Jugendlichen gesteuert werden können, weil nur diese eine Verbindung herzustellen in der Lage sind. Geheimnisvolle Angreifer aus dem All, welche – aus unbekannten Gründen – den letzten Schutzort der Menschen zunichtemachen wollen.
Was The Candidate for Goddess jedoch vom Vorbild unterscheidet, und das zum eigenen Nachteil, das sind die Figuren. War der Mecha-Klassiker auch deshalb so ungewöhnlich, weil Hideaki Anno damit eigene psychische Dämonen austreiben wollte und eine Reihe erinnerungswürdiger, mindestens angeknackster Persönlichkeiten schuf, besteht das Ensemble hier aus den üblichen Ansammlungen von Klischees. Da gibt es ein bisschen Konkurrenzkampf, um die einzelnen Charaktere voneinander abtrennen zu können, ansonsten verlässt man sich darauf, dass die unterschiedlichen Haarfarben für genügend Wiedererkennungswert sorgen. Oder im Fall einer der ausschließlich weiblichen Lotsen auch kleine Katzenohren.
Warum die Geschlechter so eindeutig verteilt sind, auch das ist ein Rückschritt zu Neon Genesis Evangelion, wird übrigens nie erklärt. Wie so vieles hier. Und das ist das zweite große Problem. An manchen Stellen deutet sich durchaus an, dass der Anime eine Geschichte zu erzählen hat, etwa wenn sich einer der Protagonisten darüber wundert, warum die Gegner eigentlich Victims genannt werden. Und auch die seltsamen Flashbacks oder Visionen, unter denen Zero zunehmend leidet, könnten interessant werden. Doch just in dem Moment endet die Serie, die sowohl darunter leidet, nur zwölf Folgen zur Verfügung zu haben, sowie parallel zum Manga produziert worden zu sein. Zwar enthält die Komplettbox noch eine später nachgeschobene Direct-to-Video-Produktion, sehr viel mehr Antworten hat diese aber auch nicht zu bieten. Gerade die Frage nach den Außerirdischen oder der Natur der EX genannten Superfähigkeiten der Jungs, sie bleibt mitten im Weltraum stehen. Da die Optik auch nicht so wahnsinnig viel her gibt, zum Teil ausnaheliegenden Gründen lediglich aus leeren Hintergrundbildern besteht, gemischt mit leicht kuriosen CGI-Robotern, ist hier mehr Frust denn Lust angesagt. Erstere ist in der deutschen Wiederveröffentlichung übrigens noch ein bisschen stärker, da sie unter einer streckenweise unzumutbaren Synchronisation und regelmäßigen Bildfehlern leidet. Wer nicht gerade ein Hardcore-Mecha-Fan oder eifriger Animesammler ist, der findet im reichhaltigen Science-Fiction-Fundus der japanischen Zeichentrickkunst deutlich besseres.
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