(„The Great Mouse Detective“ directed by Burny Mattinson, David Michener, John Musker und Ron Clements, 1986)
London, 1897: Als der Spielzeugmacher Hampelmann entführt wird und dessen Tochter Olivia den großen Detektiv Basil um Hilfe bittet, winkt der dankend ab. Unter seiner Würde ist der Fall, bietet einfach nicht genug für den großen Kriminologen. Bis dieser erfährt, dass hinter der Entführung wohl Basils Erzfeind Professor Rattenzahn steckt. Was könnte der Unhold wohl dieses Mal im Schilde führen? Und so macht sich der Detektiv gemeinsam mit dem Arzt und Kriegsveteranen Dr. Wasdenn auf den Weg, das Rätsel zu lösen und dem Meisterverbrecher das Handwerk zu legen.
Ein Disney-Zeichentrickfilm über Mäuse, die einen Entführungsfall lösen müssen? Das hatte es doch schon mal gegeben, beim oft etwas unterschätzten Klassiker Bernard & Bianca – Die Mäusepolizei. Tatsächlich hatte es damals schon die Idee gegeben, die Kinderbuchreihe Basil, der Mäusedetektiv von Eve Titus zu verfilmen, aufgrund der zu großen Ähnlichkeit aber wieder verworfen und erst Jahre später wieder aufgegriffen. Dabei war die eigentliche Inspiration für Disneys 26. abendfüllendem Animationsfilm deutlich älter, genauer die „Sherlock Holmes“-Geschichten von Arthur Conan Doyle. Die Parallelen sind kaum zu übersehen, was hier aber auch Absicht ist: Das Abenteuer von Basil und den anderen ist eine eindeutige Hommage an den berühmten Meisterdetektiv.
Das fängt schon damit an, dass Basil ebenfalls in der Baker Street 221b wohnt – nur eben nicht in der eigentlichen Wohnung, sondern einem kleinen, gemütlich eingerichteten Mäuseloch. Dann gibt es hier einen Arzt und Kriegsveteran als Sidekick, einen bösen Professor-Gegenspieler, die gutmütige, oft etwas verzweifelte Haushälterin. Selbst Elemente wie das Geigenspiel, die Arroganz des Detektivs gegenüber den Sorgen der kleinen Leute oder Ausdrücke wie „elementary“ haben ihren Weg in den Film gefunden. Höhepunkt der Verneigung ist eine eingespielte alte Aufnahme von Basil Rathbone, einem der berühmtesten Sherlock-Darsteller, der auch den Namen der Buchreihe zu verantwortet hat.
Mord und Todschlag gibt es natürlich nicht in Basil, der große Mäusedetektiv, schließlich wollte man die Kinderzielgruppe nicht aus den Augen verlieren. Einen gewissen Hang zum Düsteren kann man dem Film aber nicht absprechen, gerade auch im Vergleich zu den doch deutlich süßlicheren Disney-Werken, die danach teilweise kamen. Auch die Musik wurde sparsamer eingesetzt, ist dafür aber sehr gefällig und stammt von der Komponistenlegende Henry Mancini. Auch die Optik ist eher unauffällig: kompetent, ja, fängt schön das nebelige Flair von London ein. Abgesehen von einem computergestützten Finale, welches an Das Schloss von Cagliostro erinnert, hinterlässt der Zeichentrick aber keine übergroßen Spuren im Gedächtnis – da hatte beispielsweise die verspielte Paris-Nachbildung in Aristocats deutlich mehr fürs Auge zu bieten.
Allgemein ist Basil, der große Mäusedetektiv nicht unbedingt ein Fall für die Geschichtsbücher – sieht man einmal davon ab, dass das Traumteam John Musker und Ron Clements (Arielle, die Meerjungfrau, Aladdin) hier seinen Regieeinstand feierte. Aber der Kinderkrimi ist doch ein sympathischer Spaß für Jung und Alt, der mit skurrilen Ermittlungsszenen in einer Hafenspelunke und einem Gegenspieler glänzt, der in seiner Rolle als Bösewicht aufgeht: Rattenzahn will nicht einfach nur Macht, er hat auch sichtlich Vergnügen dabei, anderen das Leben zur Hölle zu machen. Oder sie auch mal zu opfern, wenn es die Situation erlaubt.
Schade ist, dass das Verhältnis zwischen Basil und Wasdenn nicht stärker ausgebaut wurde, sie hier noch nicht zu einem richtigen Team werden konnten. Gerade weil das Ende von weiteren gemeinsamen Fällen spricht, ist es wenig verständlich, dass der fortsetzungswahnsinnige Mäusekonzern nicht die Chance genutzt hat, dem Einstand noch weitere Abenteuer folgen zu lassen. Denn wenn es ein Zeichentrickfilm von ihm inhaltlich erlaubt hätte, weitere Teile nach sich zu ziehen, dann der hier. Angesichts der zweifelhaften Qualität der anderen Nachfolger ist das aber vielleicht auch besser so, denn so darf man das mittlerweile zu einem Geheimtipp degradierte Basil, der große Mäusedetektiv auch 30 Jahre später noch positiv in Erinnerung behalten.
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