(„Free State of Jones“ directed by Gary Ross, 2016)
Ein Kampf für die Ehre? So empfindet es Newton Knight (Matthew McConaughey) eigentlich nicht. Er ist schon froh, dass er 1862 überhaupt die Schlacht überlebt hat, in der er als medizinischer Helfer eingesetzt wurde. Und so beginnt er nach der Rückkehr zu seiner Frau Serena (Keri Russell) alles zu überdenken: den Bürgerkrieg, die von den Südstaaten vertretenen Werte, Sklaverei. Gemeinsam mit Rachel (Gugu Mbatha-Raw), Moses Washington (Mahershala Ali) und anderen Sklaven entschließt er daraufhin sogar, für einen eigenen freien Staat zu kämpfen – notfalls auch mit Waffen.
Als Europäer fehlt einem ja manchmal ein wenig das Verständnis für die unaufhörliche Beschäftigung der Amerikaner mit dem Bürgerkrieg, die selbst 150 Jahre später regelmäßig zu neuen Filmen führt. Dann und wann schaffen es diese Werke sogar hier ins Kino, sofern die Namen der Beteiligten groß genug ist, etwa Django Unchained oder auch 12 Years a Slave. Bei Free State of Jones hätte es zumindest auf dem Papier reichen müssen, wenn sich Regisseur Gary Ross (Die Tribute von Panem – The Hunger Games, Pleasantville) und Everybody’s Darling Matthew McConaughey (True Detective, Dallas Buyers Club) zusammentun, dazu ein Budget von 50 Millionen Dollar winkt. Doch trotz dieser und weiterer guter Zutaten, irgendwie will das in der Summe dann doch nicht reichen. Nicht für einen Hit in der Heimat, nicht für einen deutschen Kinostart, nicht für einen wirklich guten Film.
Das größte Problem des Dramas ist, dass es zu viel erzählen will und damit am Ende der auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte nicht wirklich gerecht wird. Eine Widerstandsarmee, die sich aus Weißen wie Farbigen zusammensetzt, das ist doch mal eine interessante Alternative. Vor allem aber die angesprochenen Folgen, als selbst nach Kriegsende Diskriminierungen andauern, das Happy End kein solches nach sich zieht, heben sich wohltuend von schönfärbenden Kollegen ab. Denn das hier vieles nicht ganz so schön sind, das macht Free State of Jones gleich zu Beginn klar, als die Kampfaktivitäten für eine Reihe verstümmelter Leichen und traumatisierter Zeugen sorgt – innerhalb wie außerhalb des Fernsehers.
Zwischendrin mutiert der Film dann aber doch zu einem der üblichen Heldenporträts: Knight ist ein Gutmensch, der während des Tumults des Bürgerkriegs die moralische Fackel hoch hält. Und das obwohl den mittellosen Bauern sonst nichts geblieben ist. Der mag zwar einen Zottelbart haben und vom Verstecken in den Sümpfen Mississippis verdreckt sein, sein Herz ist aber rein, seine Sprache geschliffen. Und damit auch reichlich langweilig: Die historische Figur wird hier recht romantisiert, mit viel Pathos im Herzen präsentiert, ein Robin Hood der Armen und Farbigen.
Schwierig sind zudem die häufigen Sprünge von der Gegenwart in die Zukunft, wo ein Nachfahre des hierzulande unbekannten Helden unter den lang anhaltenden Auswirkungen des Krieges und der Rassentrennung zu kämpfen hat. Das wäre als gesonderte Geschichte sicherlich erzählenswert gewesen, unterbricht jedoch den Fluss des Films immer mal wieder, ist zudem ebenfalls vom Hang zum Melodram geprägt. Man muss mit diesen dicker aufgetragenen Passagen leben können, mit der zerfaserten Natur des Historienfilms. Wer das kann, den belohnt Free State of Jones zumindest mit soliden Schauspielleistungen und einer schön dreckigen Ausstattung aus einer längst vergangenen Zeit.
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