(„Kater“ directed by Klaus Händl, 2016)
Wenn es so etwas wie das perfekte Paar gibt, dann wären es wohl Andreas (Philipp Hochmair) und Stefan (Lukas Turtur). Schon lange sind die beiden liiert, leben zusammen in einem schönen alten Haus bei Wien, teilen ihre Liebe zur klassischen Musik und zu Kater Moses. Bis Stefan Letzteren tötet, eines Tages, aus heiterem Himmel, ohne genau zu wissen warum. Auch Andreas hadert sehr mit dem plötzlichen Gewaltausbruch, ist sich anschließend nicht sicher, mit wem er da eigentlich sein Leben verbracht hat – und ob er es in Zukunft noch tun möchte.
Unterschiedlicher hätten die beiden Abräumer des LGBT-Preises Teddy Award dieses Jahr wohl nicht sein können: Publikumsliebling Théo & Hugo auf der einen Seite, der als bester Spielfilm ausgezeichnete Kater auf der anderen. Nicht nur, dass die Protagonisten im Letzteren etwas älter sind und weniger attraktiv, sie haben auch schon alles erreicht. So wunderbar passen sie zusammen, haben es sich im gemeinsamen Leben gemütlich gemacht, dass man als Außenstehender entweder neidisch oder gelangweilt sein kann. Eine halbe Stunde nimmt sich Regisseur und Drehbuchautor Klaus Händl, um deren Alltag in allen Facetten und ohne unnötige Schönung zu zeigen. Braucht es auch nicht, das Paradies ist auch so schon vollkommen genug.
Das zieht sich anfangs gehörig, ist aber doch eine wirkungsvolle Vorbereitung auf etwas, auf das man nicht vorbereitet sein: der Moment, in dem Stefan plötzlich Moses tötet. Gerade weil beides in keinem Zusammenhang steht, die Protagonisten trotz größter Anstrengungen keinen Zusammenhang herstellen können, ist Kater ein Film, der einem durch Mark und Bein geht. Aber auch einer, der sehr viel Geduld einfordert, ohne dafür immer eine entsprechende Gegenleistung zu bringen.
Dabei ist es nicht so, dass das Drama anschließend nichts mehr zu sagen hätte. Das tut es, wenn auch ausgerechnet dadurch, dass es nichts sagt. Es ist die anschließende Sprachlosigkeit, die einen fesselt. Denn Händl tut gar nicht so, als hätte er eine Erklärung für das Vorgefallene. Und auch wenn Stefan nach einer Antwort sucht, keiner kann sie ihm wirklich geben. Nicht der Therapeut, nicht Andreas, nicht er selbst. Und irgendwann ist auch die Frage verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Was bleibt ist die Erschütterung, die auch dann noch nachwirkt, wenn das Paar darum kämpft, zurück ins Paradies zu finden.
Dass sich Händl mehr für die Auswirkungen der Tat interessiert als für die Tat an sich, wird so manchen Zuschauer frustrieren, der sich mit dem Mord des Katers allein gelassen fühlt. Aber selbst wer sich damit abfinden kann, dass Kater die Dynamik einer erschütterten Beziehung in den Mittelpunkt rückt, wird hier leicht Probleme bekommen. Anderthalb Stunden dauert der Film nach dem einschneidenden Erlebnis, anderthalb Stunden, in denen eigentlich nicht viel passiert. Stefan wird regelmäßig in Tränen ausbrechen, Andreas aufgrund seines Misstrauens auf Distanz gehen. Beides ist verständlich, aber doch nicht genug, um eine derart lange Zeit auszufüllen. Ein größeres Ereignis folgt gegen Ende, das der Geschichte aber nicht wirklich weiterhilft. Denn die ist zu dem Zeitpunkt ähnlich sprachlos geworden wie die Protagonisten, blickt unschlüssig auf die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft, weiß nicht, was damit anzufangen ist.
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