(„Maetel Legend“ directed by Kazuyoshi Yokota, 2000)
Einst war der Planet Maetel reich und voller Leben gewesen. Doch davon ist heute nicht mehr viel übrig: Seitdem er seine Umlaufbahn verlassen hat und kaum noch in die Nähe der Sonne kommt, herrschen eisige Temperaturen, selbst für die Königsfamilie bleibt kaum mehr etwas zu essen. Schon bald wird ein normales Leben nicht mehr möglich sein, weshalb immer mehr Menschen beschließen, sich einen Körper aus Metall zuzulegen, der sie Kälte und Hunger gegenüber unempfindlich macht. Tatsächlich ist der Cyborg-Wissenschaftler Hardgear längst dabei, die Bevölkerung nach seinem Vorbild auszutauschen, selbst Königin Promethium hat diesen Schritt bereits getan. Lediglich deren Töchter Maetel und Emeraldas stemmen sich gegen das Ende der Menschheit, sind bereit notfalls mit Gewalt für ihren Körper zu kämpfen.
Das kam dann doch ein wenig unerwartet. Als 1998 mit Galaxy Express 999: Eternal Fantasy eine Fortsetzung zu dem 17 Jahre alten Adieu Galaxy Express 999 erschien, wirkte der wie ein Pilotfilm für eine neue Serie rund um Maetel, Tetsuro und den legendären intergalaktischen Zug. Doch die lässt bis heute auf sich warten, stattdessen schrieb die Science-Fiction-Legende Leiji Matsumoto im Anschluss die Geschichte für Maetel Legend. Auch dieser Anime war seiner berühmten Figur gewidmet, wie bereits der Titel verrät, fungiert jedoch als Vorgeschichte zu seinem Klassiker Galaxy Express 999 und schlägt dabei gleichzeitig die Brücke zu seiner Kultserie Die Königin der tausend Jahre.
Ein schweres Erbe ist das, eines das zudem auch befürchten ließ, das unübersichtliche, zu ständigen Querverbindungen neigende Gesamtwerk Matsumotos würde sich endgültig übernehmen. Glücklicherweise ist Maetel Legend jedoch ein völlig eigenständiges Werk geworden. Natürlich macht der Anime mehr Spaß, wer Maetel und Emeraldas bereits kennt oder von der durch das Weltall reisenden Eisenbahn 999 gehört hat. Notwendig ist es aber nicht, um der relativ simplen Geschichte folgen zu können. Prinzipiell hält sich diese auch an die seinerzeit in der Serie und den Filmen etablierten Themen Mensch vs. Maschine. Warum noch einen biologischen Körper haben, wenn der uns nur Nachteile bringt? Was bedeutet Menschsein überhaupt?
Ganz so philosophisch wie Galaxy Express 999 damals ist der späte Vorgänger aber nicht, er spielt auch nicht so viel mit surrealen Elementen. Stattdessen ist Maetel Legend ein relativ gradliniges Abenteuer, bei dem der Kampf bzw. die Flucht vor den Robotern im Mittelpunkt steht, nicht das rationale Abwägen von Möglichkeiten. Anspruchsvoll ist das nicht, hat dem Klassiker inhaltlich auch nicht wirklich etwas hinzuzufügen, ist aber doch unterhaltsam und spannend genug, um dem großen Namen keine Schande zu bereiten. Vor allem aber ist Maetel Legend geradezu unverschämt nostalgisch, inhaltlich wie audiovisuell. Ob es die Bilder des relativ unbekannten Animationsstudios Vega Entertainment oder die Musik ist, man mag kaum glauben, dass es sich hier tatsächlich um einen Anime aus dem Jahr 2000 handelt. Wer es nicht besser wüsste, die Direct-to-Video-Produktion hätte auch zwanzig Jahre älter sein können.
Das ist auf der einen Seite bewundernswert, wie harmonisch sich der Zweiteiler in das Gesamtwerk des Matsumoto-Universums einfügt. Auf der anderen Seite bedeutet das aber natürlich auch, dass man hier seine Ansprüche an Effekte und Animationen sehr weit zurückschrauben muss. Wer also hoffte, mit dem Prequel wäre der Altmeister im neuen Jahrtausend angekommen, der wird schnell enttäuscht sein. Tatsächlich hatten die Anfangswerke hier sogar mehr zu bieten. Auch deshalb schon sind Einsteiger bei Galaxy Express 999 besser aufgehoben. Der andere Grund ist, dass Maetel Legend – wie auch die anschließende Serie Space Symphony Maetel – nie nach Deutschland kam und als antiquarischer US- oder Frankreich-Import viel Geld kostet. Geld, das bei anderen Geschichten der Legende besser aufgehoben ist.
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