Polder Tokyo Heidi
© Camino Filmverleih

Polder – Tokyo Heidi

(„Polder – Tokyo Heidi“ directed by Samuel Schwarz, Julian M. Grünthal, 2015)

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„Polder – Tokyo Heidi“ läuft ab 1. Dezember im Kino

Es gibt Momente, da würde Ryuku (Nina Fog) ihren Mann Marcus (Christoph Bach) am liebsten zum Teufel schicken. Nur dass der bereits tot ist. Sein Vermächtnis lebt aber weiter, in Form eines Virtual-Reality-Spiels, das im Auftrag der Chinesen die Welt erobern soll, indem sie eine ganz andere, künstliche Welt kreiert. Und in eben der hat sich ihr Sohn Walterli (Pascal Roelofse) verlaufen, ohne echte Chance, wieder hinauszufinden. So bleibt ihr nichts anderes übrig, als dem Nachwuchs zu folgen und dabei das rote Buch zu suchen: Bis kurz vor seinem Tod hatte Marcus an dem Mechanismus gearbeitet, der es ermöglichen soll, die geheimsten Sehnsüchte im Spiel wahr werden zu lassen.

Da diskutierte man kürzlich noch darüber, dass es keine deutschen Science-Fiction-Filme mehr gibt, und dann kommen in kurzer Folge gleich zwei in die Kinos: Wir sind die Flut und Polder – Tokyo Heidi. Schön, Letzteres stammt eigentlich aus der Schweiz. Und überhaupt ist bei diesem Ausflug in virtuelle Welten alles ganz anders. Vielleicht. So richtig weiß man das hier nicht. Aber das macht nichts, denn sobald man einmal in den Wahnsinn hier eingetaucht ist, hat sich das Konzept von Grenzen bereits überholt.

Wer hat’s erfunden? Samuel Schwarz, der eigentlich eher im Theater zu Hause ist, aber auch bereit ist, uns die Welt der Eidgenossen cineastisch darzubieten. Heidi zum Beispiel. Die ist hier mal kein kleines Kind, sondern eine erwachsene Japanerin und hat ein Faible für pinkfarbene Perücken. Und eigentlich auch gar nicht Heidi heißt, sondern eben Ryuku. Aber was heißt schon „eigentlich“ in einem Film, der sich einen diebischen Spaß daraus macht, die Realität derart zu verzerren, bis sie kaum mehr erkennbar ist? Mal fehlen ihr die Farben, dann sind es wieder zu viele, die falschen auch noch. Klar ist nur: Schuld waren die Computer. Und Marcus. Und die Chinesen, welche das von Marcus entwickelte Virtual-Reality-Programm auf den Markt werfen wollen, koste es, was es wolle. Koste es, wen es wolle.

Dass beispielsweise Walterli in dieser etwas bizarreren Variante unserer Welt verlorengegangen ist, das will außer Ryuku niemanden interessieren. Also muss es Mutti mal wieder richten, und sei es mithilfe eines Gewehrs. Dass sie dabei schon bald nicht mehr weiß, wo ihr der Kopf steht, ob sie überhaupt noch real ist, das ist nur mehr als gerecht. Denn dieses Schicksal erwartet auch jeden Zuschauer, der ihr – oder Schwarz – in eine dystopisch-schrille Version der Schweizer Berge folgt, bei der an jeder Ecke, an jedem Fluss und Berg eine neue Überraschung bevorsteht. Da tauchen mal mittelalterliche Gestalten auf, dann wieder eine Hexe oder Terroristen, was auch immer die anderen herumwuselnden User in einem anderen Leben so sein wollten. Es wird ein Kauderwelsch aus Deutsch, Japanisch und Chinesisch gesprochen, plus einer Sprache, die trotz Untertitel nicht wirklich Sinn ergeben will.

Aber das will hier vieles nicht: Wer sich Polder – Tokyo Heidi mit der Annahme nähert, ihn begreifen zu wollen, der verliert sich bald in der Sci-Fi-Trash-Variante von Alice im Wunderland. Anspruchsvoll ist das nicht, auch wenn der Film zwischendurch gern mal so tut, als wäre er es und etwas Profundes zum Thema virtuelle Welten oder auch böse, über Leichen gehende Unternehmen sagen wollte. Dass sich hier ein chinesisches Konglomerat alles aneignen will, darf man notieren. Muss es aber nicht. Nein, hier heißt es, dem Irrsinn der Zukunft Tür und Tor zu öffnen, Spaß beim Niederreißen von Grenzen zu haben und der Welt zum Ende genüsslich den Mittelfinger zu zeigen.



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Was haben die Schweizer Berge und ein gefährliches Virtual-Reality-Programm miteinander zu tun? Antwort: keine Ahnung. „Polder – Tokyo Heidi“ ist ein irrwitziger Ausflug in eine alternative Welt, die zwar nicht sonderlich viel Sinn ergibt, aufgrund des hohen Trashfaktors aber nicht ohne Unterhaltungswert ist.
5
von 10