(„Miesten vuoro“ directed by Mika Hotakainen and Joonas Berghall, 2010)
Was ein echter Mann ist, der redet nicht über seine Gefühle, sondern macht alles, was ihn bewegt mit sich und einer Flasche Bier aus. Umso mehr, wenn es sich dabei um einen finnischen Mann handelt, der schon eine tägliche Begrüßung als Beispiel übertriebener Redseligkeit empfindet. Aber es gibt Ausnahmen, wenn es die Situation erfordert. Und eben solche Ausnahmen sammelten die beiden Regisseure Mika Hotakainen und Joonas Berghall in ihrem Dokumentarfilm Was Männer sonst nicht zeigen, der schon vor einigen Jahren entstand, nun aber seinen Weg in die deutschen Kinos findet. Und das ist durchaus ein Glücksfall, wenngleich man nicht immer glücklich über das ist, was man zu hören bekommt.
Der Kniff für die ungewohnte Redseligkeit: Die beiden Finnen besuchen ihre Landsmänner nicht zu Hause oder in einer Bar, sondern folgen ihnen an einen Ort, der wohl wie kein anderer für das nordische Land steht: die Sauna. Wer einmal bei den Skandinaviern zu Besuch war, wird wissen, dass ein Leben dort ohne die regelmäßigen Schwitzkuren quasi undenkbar ist. Saunen zu Hause sind ebenso alltäglich wie an für uns unerwarteten Plätzen. Ob nun in einem Café oder als kleine Hütte auf einem See, der Einfallsreichtum kennt keine Grenzen.
Ein Teil des Spaßes bei Was Männer sonst nicht zeigen ist dann auch, Zeuge der kuriosen Orte und Situationen zu werden. Mal treffen sich eine Gruppe Weihnachtsmänner zum Schwitzeplausch, mal ist es ein einzelner Mann, der in einer Art Telefonzelle die nötige Wärme sucht. Wenn sich später auch noch ein ausgewachsener Bär, der für einen Herren die Rolle des besten Freundes einnimmt, neugierig die Kamera begutachtet, dann könnte man auch meinen, eine Komödie anzuschauen.
Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit. Was einem mindestens ebenso sehr in Erinnerung bleibt wie das Drumherum sind die Geschichten selbst, welche die Protagonisten mit den Zuschauern teilen. Da können sich auch mal komische oder warmherzige Momente einschleichen, oft aber sind es die traurigen Schicksale, welche im Schutz der Sauna ihren Weg ans Tageslicht finden. Schicksale wie die eines Mannes, der aus dem Krieg heimkehrt. Das eines Mannes, der seine eigene Tochter nicht mehr sehen darf. Das eines Mannes, der sich mit dem Tod eines Kindes auseinandersetzen musste und dabei fast zerbrach.
Ja, es sind – abgesehen von einer Ehefrau am Anfang – nur Männer, die hier vor die Kamera treten und ihr Innerstes nach außen kehren. Dass sie dabei nackt sind, die Regisseure und damit das Publikum sich einen engen Raum teilen, verstärkt das Gefühl großer Intimität noch, welches die sehr persönlichen Geschichten auslöst. Manchmal ein wenig zu persönlich sogar, es hat schon etwas sehr Voyeuristisches, wie wir hier in das Leben anderer eintauchen und etwas unvermittelt die Abgründe zu Gesicht bekommen. Glücklicherweise begegnen Hotakainen und Berghall diesen beiden mit viel Taktgefühl: Wo andere mit aufdringlich überlebensgroßer Musik oder inszenatorischen Gimmicks den Effekt maximieren würden, ist der Dokumentarfilm in der Hinsicht ebenso nackt und ungeschönt wie die Protagonisten und deren Geschichten. Große Erkenntnisse und Lebensweisheiten wird man hier eher nicht mit auf den Weg nehmen können, dafür aber berührende Einblicke in das tatsächliche Leben, wie wir es – zum Glück? – oft nicht zu Gesicht bekommen.
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