(„Ferien“ directed by Bernadette Knoller, 2016)
Eigentlich steht Vivian (Britta Hammelstein) ja kurz davor, ein richtig tolles Leben zu führen: Bald wird sie als Staatsanwältin arbeiten dürfen, auch eine gemeinsame Wohnung mit ihrem Freund Adam (Golo Euler) steht auf dem Programm. Aber so richtig glücklich ist sie nicht über diese Entwicklung, irgendwie ist ihr das alles zu viel. Aber zum Glück weiß Papa (Detlev Buck) Rat: Gemeinsam treten sie einen Trip auf eine Insel an, wo sie erst einmal zur Ruhe kommen und sich über ihre eigenen Wünsche klarwerden soll. Tatsächlich tut ihr das ruhige Leben dort gut, zumal sie schnell Anschluss findet: Sie nimmt eine kleine Stelle in dem Krämerladen von Otto (Ferdinand von Schirach) an und zieht zu der alleinerziehenden Biene (Inga Busch) und deren Sohn Eric (Jerome Hirthammer). Aber was dann?
Wenn in Filmen die Koffer gepackt werden, dann meistens, um unterwegs wilde Abenteuer zu erleben, vielleicht auch ein bisschen exotische Luft schnuppern zu können. Wild ist an Ferien jedoch gar nichts, statt fremder Länder steht hier eine beschauliche Nordseeinsel auf dem Programm, in der eigentlich nie wirklich etwas passiert. Eine Insel, auf der sich die Leute die Langeweile vertreiben, indem sie kleine Moosmännchen basteln. Eine Insel, die so entspannt ist, dass man schon während des Spaziergangs in einen Tiefschlaf fallen möchte.
Ein bisschen hat es dann auch was von einem Traum, wenn uns Regisseurin und Co-Autorin Bernadette Knoller in ihrem Abschlussfilm an die Hand nimmt und die etwas befremdlicheren Stellen am Strand und in den Häusern der Einwohner zeigt. Nein, wirklich surreal wird es nie, was sie uns in Ferien vorsetzt, alles, was hier geschieht, könnte auch im wirklichen Leben passieren. Nur dass es das eben nicht tut. Die Figuren sind skurril, ihre Handlungen etwas unberechenbar, auch in den Dialogen finden sich Passagen, bei denen man sich immer wieder fragt, ob da vielleicht ein erklärendes Mittelstück zwischen den Worten fehlt. Und zwischendurch gibt es dann auch schon mal ein totes Tier, aus heiterem Himmel.
Was es jedoch nicht gibt, ist ein roter Faden. Vielmehr schickt die Hochschulabsolventin die ausgebrannte Vivian auf einen Selbstfindungstrip, der aus lauter unzusammenhängenden Einzelepisoden besteht. Auch auf eine klassische Auflösung sollte besser niemand hoffen. Zwar hat Ferien alle Elemente einer Erkenntnis-Tragikomödie, geht am Ende aber doch einen ganz anderen, sehr eigenen Weg. Das ist vielleicht auch konsequent bei einem Film, der sich eben das Zielgerichtete der Gesellschaft zur Brust nimmt, ganz offensichtlich nicht viel davon hält, wie heutzutage alles auf Funktion und Nützlichkeit reduziert wird. Das Leben bei Knoller ist nicht zwangsweise das, was man daraus macht. Bei ihr darf Leben auch einfach nur Leben sein.
Das ist je nach Ansichtssache und gestellten Erwartungen befreiend oder frustrierend, komisch ist es meistens schon. Gerade weil hier eigentlich nichts so recht funktioniert, vor sich hinvegetiert und dabei gleichermaßen entspannte wie verrückte Bilder liefert, wird man oft mehr lachen als bei den Komödien, die unter hohem Druck das Publikum unterhalten wollen. Denn Druck gibt es hier nicht, weder für die Zuschauer, noch für die Figuren. Und auch nicht für das angesichts des Debütfilmstatus erstaunlich hochkarätig zusammengestellte Ensemble, das Ferien offensichtlich dazu nutzt, sich auch mal selbst ein bisschen gehen zu lassen und mit viel lakonischem Humor dem Zwang entzieht, mit dem Filmemachen Geld verdienen zu wollen. Das mag einen vielleicht nicht wirklich weiterbringen, ist am Ende aber so erfrischend anders, dass man Knoller gerne auf die Insel folgt, um einmal die Seele und Lachmuskeln so richtig baumeln zu lassen.
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