Fruehstueck bei Monsieur Henri
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Frühstück bei Monsieur Henri

(„L’Etudiante et Monsieur Henri“ directed by Ivan Calbérac, 2015)

„Frühstück bei Monsieur Henri“ ist seit 25. November auf DVD und Blu-ray erhältlich

Sie ist es leid, ständig von ihrem Vater bevormundet zu werden und auf dem Gemüsestand der Familie aushelfen zu müssen. Und so beschließt Constance (Noémie Schmidt), nach Paris zu ziehen, um dort doch endlich mal einen Studienabschluss zu bekommen. Nur will das mit der Miete nicht so klappen, obwohl die Wohnung bei dem grantigen früheren Buchmacher Henri Voizot (Claude Brasseur) erstaunlich günstig ist. Aber der alte Mann hat nicht nur eine Unzahl von Regeln für die junge Studentin, sondern auch einen verführerischen Vorschlag: Sie soll sich an seinen Sohn Paul (Guillaume de Tonquedec) ranschmeißen und ihn von dessen Frau Valérie (Frédérique Bel) losbekommen. Dafür darf sie dann auch ein halbes Jahr umsonst in der Wohnung bleiben.

Ziemlich beste Freunde, Monsieur Claude und seine Töchter, Paulette – in den letzten Jahren hat eine beeindruckende Zahl französischer Filme die Herzen (und Lachmuskeln) des deutschen Publikums erobert, indem gefühlvolle Momente mit bissigem Humor verknüpft wurden. Frühstück bei Monsieur Henri schlägt da in eine ganz ähnliche Kerbe, zog folgerichtig beachtliche 500.00 Zuschauer in die hiesigen Kinos, wenngleich die Komödie qualitativ nicht ganz mit den Kollegen mithalten kann.

Doch zunächst das Positive: Regisseur und Drehbuchautor Ivan Calbérac, der hier sein eigenes Theaterstück verfilmt, hat für die beiden Hauptdarsteller den richtigen Riecher gezeigt. Schauspielveteran Claude Brasseur glänzt als verabscheuungswürdiger Rentner, der allen das Leben zur Hölle macht, peinlich genau darauf achtet, dass auch ja niemand in seiner Nähe Spaß hat. Seine junge Schweizer Nachwuchskollegin Noémie Schmidt bietet das lebensfrohe, dafür aber tollpatschige Gegenstück, welches gar nichts auf die Reihe bekommt, ständig durch Prüfungen rasselt, privat wie beruflich vor dem Nichts steht.

Gemäß der alten Weisheit, dass durch Reibung Komik entsteht, lässt Calbérac die ungleichen Mitbewohner in der ersten Hälfte des Films in schönster Regelmäßigkeit aneinandergeraten. Da wird übers Essen gestritten, über widerrechtlich benutzte Pantoffel oder auch ein Klavier, das nicht zum Musizieren in der Wohnung steht. Das ist oft tatsächlich witzig, allein schon der vielen bissigen Kommentare des alten Mannes wegen. Aber wie so oft bei dieser Art Film: Wer böse ist, ist nicht wirklich böse. Das weiche Herz, das unter der rauen Schale von Henri schlägt braucht nur die richtige Initialzündung, um endlich ein bisschen Wärme zu erzeugen – und wer eignet sich da besser als eine junge, hübsche Dame, mit der man die Wohnung teilt?

Es ist aber nicht nur die arge Vorhersehbarkeit, welche Frühstück bei Monsieur Henri einen kleinen faden Nachgeschmack gibt, sondern auch die schwach ausgeprägten Nebenfiguren. Während Valérie nie mehr als eine Karikatur sein darf, von der man kaum einen Grund erfährt, warum Paul mit dieser zusammen ist, verkommt dieser zu einer nichtssagenden Langeweile. Das erfüllt seinen Zweck, treibt die Geschichte in die vorgesehenen Bahnen. Spaß machen die zwei aber nicht, schwanken meist zwischen fade und nervtötend. Nicht nur an der Stelle hätte das Drehbuch ein bisschen mehr Gewicht gebraucht, um die zum Ende hin betonte Emotionalität auch wirklich zu verdienen, das geht dann doch recht schnell auf der Zielgeraden. Aber auch wenn der Komödie mit der Zeit die Luft ausgeht und nicht auf die ganze Distanz das Niveau hält, so ist die doch eine typisch französische Vertreterin ihrer Art: charmant, sympathisch, manchmal ein bisschen gemein.



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„Frühstück bei Monsieur Henri“ steckt zwei grundverschiedene Figuren in eine gemeinsame Wohnung und ist auch aufgrund der tollen Besetzung in der ersten Hälfte spaßig und voller bissiger Dialoge. Zum Ende hin soll es dann aber doch aufs Gefühl gehen, was recht formelhaft ist und nicht ganz so funktioniert wie gedacht.
6
von 10