(„Punch Line“ directed by Yutaka Uemura, 2015)
Im Moment ist das Leben des Schülers Yuta Iridatsu ja ein einziges Chaos. Sofern man es überhaupt noch ein Leben nennen kann. Erst wird er in eine Geiselnahme eines Busses verwickelt, dann wacht er wieder in seinem Wohnheim auf, um dabei festzustellen, dass er zu einem Geist geworden ist. Seine weiblichen Mitbewohner können ihn nicht mehr sehen, er sie dafür aber umso besser – mit fatalen Folgen: Wenn er deren Höschen erblickt, gerät er derart in Wallung, dass ein Meteor auf die Erde stürzt. Und als wäre das alles nicht schon verwirrend genug, taucht auf einmal auch noch eine Geisterkatze auf, die ihn darüber informiert, dass er die letzte Hoffnung für die Menschheit ist, die ohne sein Zutun an Silvester ausgelöscht wird.
Die eine Hälfte wird bei den ersten Folgen von Punch Line laut lachen: Höschen glotzen, Nasenbluten, unsichtbare Spanner, ein Haushalt voller Mädchen, peinliche Situationen, dazu noch ein übertriebenes Ende der Welt. Die andere Hälfte wird sich entsetzt abwenden. Was ist nur aus noitaminA geworden, jener Kult-Programmschiene, die es sich 2005 zur Aufgabe gemacht hatte, etwas andere Animes ins Fernsehen zu bringen und neue Zielgruppen zu erschließen? Glücklicherweise trügt der erste Eindruck der Serie jedoch gewaltig: Nicht nur dass sie zu den besseren Vertretern der zuletzt oft gerügten Schiene gehört, sie ist insgesamt auch völlig anders, als man zunächst angesichts des Fanservice-Auftakts meinen möchte.
Ja, die Höschen bleiben, das Haremszenario ebenfalls, den dümmlichen Humor, wie er derzeit aus allen Animeporen quillt, wird man anschließend auch nicht ganz los. Dafür kommt aber noch eine Menge hinzu. Was genau, sollte jeder am besten selbst für sich erfahren, denn Punch Line lebt schon sehr davon, dass der Anime zwischenzeitlich in völlig andere Richtungen angeht, neue Konzepte und Figuren einfügt und dabei nicht immer Sinn ergibt. Wer dennoch kleine Anhaltspunkte braucht: Übertriebene, ironisch gemeinte Helden à la Samurai Flamenco gehören ebenso dazu wie ein Zeitreiseplot, der nicht ganz die Komplexität von Steins;Gate erreicht, aber doch einen beachtlichen Unterhaltungsgrad.
Allgemein sollte man nicht die ganz großen inhaltlichen Erwartungen an die Serie stellen. Einige Punkte werden im Laufe der zwölf Folgen erklärt, andere nicht. Selbst wer die diversen, im Zeitreisegeschäft nahezu obligatorischen Logiklöcher einmal außen vor lässt, wird nie eine befriedigende Antwort auf alles erhalten. Warum beispielsweise ausgerechnet der Anblick von Höschen Yuta übermenschliche Kräfte verleiht, das wird nicht mal ansatzweise plausibel, Punch Line zeichnet sich durch unerwartete Ideen aus, nicht durch vollendete. Das wird manche frustrieren, zumindest aber irritieren. Man darf sich aber auch entspannt zurücklehnen und das Feuerwerk der bewussten Unsinnigkeiten bewundern, die skurrilen Figuren, die am Ende alle einen berechtigten Platz im absurden Showdown zugewiesen bekommen, das immense Tempo, in dem Regisseur Yutaka Uemura durch die Geschichte rast, kaum mal einen Ort schafft, an dem man sich ausruhen darf.
Aber vielleicht ist es auch besser so, dass das Publikum derart mit Reizen überflutet wird und somit weniger auf die Schwächen achtet, inhaltlicher, wie optischer. Das noch junge Animationsstudio MAPPA (Terror in Tokio, Rage of Bahamut: Genesis) erhielt die Aufgabe, den Wahnsinn in Bilder zu packen, was es adäquat, aber nicht unbedingt mitreißend erledigt. Während die Figuren recht witzig gestaltet sind und das Wohnheim immer mal wieder einem Puppenhaus gleicht, hält sich der Detailreichtum sehr in Grenzen, der Computer wird oft zur Hilfe gerufen, auch die Animationen hätten besser sein dürfen. Ein Fall für Genießer ist Punch Line damit nicht, eher für die Freunde des typischen überdrehten Humors aus Fernost. Denn die werden an vielen Stellen ein Auge zudrücken können, allein schon um die vielen Lachtränen zurückzuhalten.
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