Salt and Fire
© Camino Filmverleih

Salt and Fire

(„Salt and Fire“ directed by Werner Herzog, 2016)

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„Salt and Fire“ läuft seit 8. Dezember im Kino

Eigentlich war die Wissenschaftlerin Laura Sommerfeld (Veronica Ferres) nach Bolivien gekommen, um gemeinsam mit ihren Kollegen über die Auswirkungen einer Umweltkatastrophe zu berichten. Immer größer wird der Salzsee Diablo Blanco, verschlingt Land und Leute. Doch noch bevor Sommerfeld und die anderen tätig werden können, werden sie entführt und an einen unbekannten Ort gebracht. Ausgerechnet Matt Riley (Michael Shannon), der als CEO eines Konsortiums für die Katastrophe mitverantwortlich ist, steckt hinter der Entführung und verfolgt hierdurch ganz eigene Pläne.

Was er eigentlich von ihr wolle, fragt Sommerfeld an einer Stelle ihren mysteriösen Entführer. Und das ist eine Frage, die man wortwörtlich so an Werner Herzog weiterleiten möchte. Er könne mittlerweile machen, was er wolle, gab die Regielegende kürzlich zu verstehen. Nur was genau das sein soll, das verschweigt er, zumindest in Salt and Fire. Dabei scheint anfangs alles noch klar: Ein Wissenschaftlertrio, das eine Naturkatastrophe untersuchen will und zu Beginn gleich entführt wird, das riecht nach einem Thriller. Schließlich gibt es hier offensichtlich etwas zu vertuschen, notfalls mit Waffengewalt.

Aber Herzog geht einen anderen Weg. Das betrifft zum einen die Geschichte, welche zum Ende hin eine recht unerwartete Wendung nimmt. Das ist unter normalen Umständen begrüßenswert, viel zu selten gelingt es Filmen, einen als Zuschauer noch wirklich zu überraschen. Aber normal ist bei Salt and Fire nur wenig. Nicht die bizarre Auflösung, die sich wenig darum schert, viel Sinn zu ergeben, nicht der Weg dorthin, nicht die Figuren und deren sonderbaren Verhaltensweisen und Dialoge.

Die Thrillerbahnen behält der Film ohnehin nicht lange bei, ignoriert vor allem den Thrill-Aspekt, um sehr viel existenzieller werden zu wollen. Zumindest lässt Herzog einen das glauben. Immer wieder wagen sich Sommerfeld und Riley während ihrer Dialoge in völlig neue Gebiete, schaffen es auch schon mal, Nostradamus in einen Gedankengang zu locken, als wäre er schon immer dort daheim gewesen. Doch gerade, wenn man sich daran gewöhnt hat, der Eindruck entsteht, es ginge ans Eingemachte, haben sich die zwei schon wieder auf den Weg gemacht. Das kann man interessant finden, gerade auch weil sich der Filmemacher so konsequent üblichen Andockstationen wie Genres oder nachvollziehbaren Charakteren verweigert.

Wer für derlei Metaüberlegungen zu Erwartungen jedoch nicht viel übrig hat und einfach nur einen Film sehen möchte, der braucht die Reise nach Bolivien nicht wirklich anzutreten. Einzig die Optik lässt einen gern mal Zeit und Raum vergessen – sowie die tendenzielle Langeweile oder den Frust über die nie zu Ende verfolgten Themen. Wie aus einer anderen Welt wirken die Bilder, die Herzog da vom Dreh mitgebracht hat, fremdartig, verwirrend, bezaubernd. Schon in seinem letzten Film Die Königin der Wüste ließ er eine Frau durch umwerfende, lebensfeindliche Szenerien wandeln. Den dort gezeigten Hang zum unterwürfigen Pathos hat der Deutsche hier zwar zugunsten von einem wabernden Nichts abgelegt, seine Liebe für überlebensgroße Aufnahmen jedoch beibehalten – zum Glück. Nur hätte es dafür nicht zwangsweise die bekannten, hier kaum genutzten Schauspieler gebraucht, eine einfache Doku ohne viel Worte hätte es auch getan.



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Wenn Werner Herzog seine Wissenschaftler nach Bolivien schickt, um eine Naturkatastrophe zu untersuchen, geht das mit einigen Überraschungen einher – positiven wie negativen. Wenn hier vieles keinen Sinn ergibt und die Themen ohne Rücksicht auf Zusammenhalt gewechselt werden, dann ist das ebenso befremdlich wie die umwerfenden Aufnahmen eines fiktiven Salzsees.
5
von 10