Shut In
© Universum Film

Shut in

(„Shut In“ directed by Farren Blackburn, 2016)

„Shut In“ läuft ab 15. Dezember im Kino

Es sollte ein Tag sein, den die Kinderpsychologin Mary (Naomi Watts) nie vergessen wird: Ihr Mann Richard (Peter Outerbridge) wollte Steven (Charlie Heaton), sein verhaltensauffälliger Sohn erster Ehe, in ein Erziehungsheim bringen, als sie in einen verheerenden Autounfall geraten. Richard stirbt dabei, Steven ist anschließend querschnittsgelähmt. Zu zweit leben Mary und er von nun an in dem abgelegenen Haus in Neuengland. Soziale Kontakte pflegt sie kaum, sie hat mehr als genug mit ihrem Ziehsohn und ihren Patienten zu tun – beispielsweise der taube Waisenjunge Tom (Jacob Tremblay). Denn der soll nun ebenfalls in einem solchen Heim landen, reißt vorher aber aus und ist seither verschwunden. Oder vielleicht doch nicht? Immer wieder ist Mary Zeugin von Vorfällen, die sie glauben lassen, der Junge wäre doch noch in der Nähe.

Das ist mit der berühmten Black List ist ja so eine Sache. Seit 2005 schon wird die Liste jährlich herausgegeben, welche besonders beliebte, aber nicht umgesetzte Drehbücher enthält. Auch Shut In stand dort vor einigen Jahren. Weshalb, das ist jedoch ein kleines Rätsel, denn wenn der Film durch etwas überzeugt, dann ist es sicher nicht der Inhalt, sondern durch die beiden Stars. Da wäre zum einen natürlich Naomi Watts, die selbst dann eine tolle Figur abgibt, wenn sie gerade eine zunehmend psychisch angeknackste Psychologin spielt. Und auch Jacob Tremblay, der vor allem für das packende Drama Raum bekannt ist, kürzlich in Before I Wake aber auch dem Genrefilm einen Besuch abstattete, macht als ebenso schwer zugänglicher wie schwer erziehbarer Junge einen prima Job.

Vor allem aber ist es das Zuhause der besagten Mary, das Spaß macht. Ein kleines, älteres Häuschen in einem Teil von Neuengland, der so fern der Zivilisation ist, dass schon der bloße Anblick eines anderen Menschen zum tödlichen Schrecken werden kann, das sieht man in Horrorstreifen doch immer wieder gern. Das atmosphärische Tüpfelchen auf dem i ist aber, wie das heimelige Heim im schneemassigen Winter zu einem Ort des Grauens wird. Zu einer Zeit, wenn kein halbwegs vernunftbegabtes Wesen einen Schritt vor die Tür setzt und man kaum einen Meter weit sehen kann, kommen unheimliche Knarzen, Krächzen und Knacken natürlich besonders gut an.

Für eine Weile spielt der Psycho-Thriller dann auch recht geschickt mit der Wahrnehmung. Ist da draußen jemand? Träume ich gerade? Gerade weil die Protagonistin überlastet und von ihrer Vergangenheit traumatisiert ist, will man ihren Eindrücken nicht allzu viel Glauben schenken. Das ist zuweilen zwar ein bisschen zu sehr auf billige Jump Scares aus, die Atmosphäre in dem abgelegen-abgeschnittenen Eigenheim stimmt aber. Dass vieles nicht so ist, wie es scheint, später recht abstruse Wendungen eingebaut werden, auch das lässt man sich angesichts des gelungenen Settings gefallen.

Weniger gefällig ist jedoch, dass Shut In später Spannung gegen schamlos abgekupferte Genreklischees und selten dämliche Protagonisten eintauscht, die in der Form kein Drehbuch hätten lebend verlassen dürfen. Nicht nur, dass man bei nahezu jeder Einstellung das Gefühl hat, das alles doch schon einmal woanders gesehen zu haben, ist eine mit einem Doktortitel ausgestattete Frau offensichtlich in der Not nicht in der Lage, auch nur einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Oder anders gesagt: Als wäre die Situation nicht auch so schon bedrohlich genug, geht die größte Gefahr von den willkürlichen, kaum nachzuvollziehenden Handlungen aus, die dem gleichzeitig formelhaften wie überkonstruierten Thriller den Rest geben. Schade um das stimmungsvolle Ambiente und die gute Besetzung, da wäre wesentlich mehr drin gewesen.



(Anzeige)

Kein Grund das Haus zu verlassen: Der winterliche Psychothriller gefällt zwar durch ein stimmungsvolles Setting und engagierte Darsteller, verschenkt zum Ende hin aber alles durch mal formelhafte, dann wieder völlig übertriebene, willkürliche Szenen.
4
von 10