Agent Carter
© 2016 Marvel & ABC Studios

Agent Carter – Die komplette Serie

(„Agent Carter“, 2015/16)

„Agent Carter – Die komplette Serie“ ist seit 8. Dezember auf DVD und Blu-ray erhältlich

Der Zweite Weltkrieg ist endlich vorbei, an Konflikten mangelt es in der Welt aber deswegen nicht. Und so arbeitet Peggy Carter (Hayley Atwell) auch weiterhin als Agentin für das streng geheime Strategic Scientific Reserve (SSR). Ihre Qualitäten kann sie dort jedoch kaum unter Beweis stellen, Kollegen wie Jack Thompson (Chad Michael Murray) sehen in ihr lediglich eine Angestellte, die sich um Kaffee oder das Mittagessen zu kümmern hat. Dass ihr Daniel Sousa (Enver Gjokaj) hilfreich zur Seite steht, ändert daran auch nichts, schließlich wird der aufgrund seiner Gehbehinderung nicht ernstgenommen. Erst als der schwerreiche Erfinder-Playboy Howard Stark (Dominic Cooper) wegen Verrats gesucht wird, bietet sich ihr die Möglichkeit, zusammen mit dessen Butler Edwin Jarvis (James D’Arcy) wieder richtige Agentenarbeit zu leisten – und kommt dabei gleich einer großen Verschwörung auf die Schliche.

Während die Marvel-Adaptionen für die große Leinwand (meist) von einem Erfolg zum nächsten eilen, sieht es bei der Fernsehvariante recht düster aus. Schon der erste Versuch der ABC Studios, dem Kinokosmos mit Agents of S.H.I.E.L.D. ein TV-Pendant an die Seite zu stellen, überzeugte nicht so recht, nur mit Mühe schaffte es die Serie in die rettende vierte Staffel. Für Agent Carter war nach zweien schon Schluss, aufgrund der kontinuierlich enttäuschenden Zuschauerzahlen hielt die Comicadaption nur ein knappes Jahr, bevor ihr der Stecker gezogen wurde. Und das ist ziemlich schade, nicht nur weil nach den 18 Folgen diverse Fragen offen bleiben. Die Abenteuer um die Geheimagentin hatte einiges zu bieten, was man bei den nicht unbedingt variantenreichen Blockbustern schwer vermissen wird.

Da wäre zum einen das äußerst ansehnliche Setting: Anders als alle sonstigen Marvel-Produktionen spielte diese hier in der Vergangenheit, Mitte der 40er genau genommen. Und das spiegelt sich natürlich in der Optik und inhaltlichen Elementen wieder: Als Fassade für die Geheimdienstoperationen dient eine Telefonvermittlung, die Leute hören hier noch echtes Radio, die Kommunikationsmöglichkeiten sind ohne Handy und Internet deutlich eingeschränkter. Kollegen schnell noch vorwarnen? Keine Chance. Auch Verkleidungen gehen noch schön altmodisch mithilfe von Perücken, Agent Carter ist eine bewusst nostalgisch stimmende, wendungsreiche Hommage an frühere Agentenserien – nur eben mit heutigen Produktionsmitteln.

Vor allem aber die Figuren sind es, die einem den Fernsehalltag versüßt haben. Einige davon zumindest. Die Mitarbeiter des SSR sind im Grunde nur Stereotypen, die typischen harten und chauvinistisch veranlagten Polizistenverschnitte, wie man sie in fast jedem Genrebeitrag zu sehen bekommt. Unterhaltsam wurde es erst durch die Kombination mit Carter, die von niemandem ernst genommen wird und deshalb unbeachtet von allen ermitteln kann: Noch bevor Jessica Jones ein feministisches Gegenstück zum testosterongeschwängerten Oneliner-Superheldentum etablierte, sorgte Peggy für ein bisschen No-Nonsense-Weiblichkeit. Anders als ihre 70 Jahre später auftretende Kollegin hat sie jedoch keine Superkräfte, ist dafür aber ohne echten Mangel – auch an der Stelle zeigt sich Agent Carter recht altmodisch.

Interessant ist zudem, dass zwei der drei wichtigsten Antagonisten ebenfalls weiblich sind: die erbarmungslose Killerin Dottie Underwood (Bridget Regan) und die skrupellose Politikerfrau und Schönheitsschauspielerin Whitney Frost (Wynn Everett). Beide bringen auf ihre jeweilige Weise neue Facetten ins Spiel, die eine analytisch-grausam, die andere wahnsinnig-machtbesessen. Würdige Scheusale sind sie aber beide, gerade auch im Vergleich zu den oftmals schwachen Gegnern in den Marvel-Filmen, die man immer schon vergessen hat, noch bevor der Abspann läuft. Komplettiert wird das mal einschüchternde, mal komische Figurenkabinett durch den ewigen, komplett übertriebenen Womanizer Howard Stark, den wir wie Carter auch aus Captain America: The First Avenger kennen, sowie Jarvis, eine ebenso lustvolle Karikatur des verstockt-vornehmen britischen Butlers, der in den Abenteuern immer komplett fehl am Platz ist. Da später noch ein paar Teilzeitagenten die Geschichte auflockern, wäre in Zukunft noch einiges drin gewesen, selbst wenn die stärker fantastisch ausgelegte zweite Staffel schon erste Abnützungserscheinungen aufzeigte.



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„Agent Carter“ bietet dank einer schönen Ausstattung, interessanter feministischer Züge und teilweise spannend-komischer Figuren eine Menge Unterhaltung. Trotz des Qualitätsabfalls im Laufe der zwei Staffeln sind die Spionagegeschichten aus den 40ern eine unterhaltsame Alternative zu den üblichen Marvel-Adaptionen.
7
von 10