(„A Street Cat Named Bob“ directed by Roger Spottiswoode, 2016)
Immer wieder hat der obdachlose James (Luke Treadaway) den Entzug versucht, nur um am Ende doch wieder zu scheitern. Und daran wird sich wohl auch nichts ändern, so lange er auf der Straße wohnt – davon zumindest ist seine Betreuerin Val (Joanne Froggatt) überzeugt. In einer kleinen Sozialwohnung soll der Straßenmusiker zu sich finden und von den schädlichen Einflüssen befreit werden. Und tatsächlich wird er in seinem neuen Zuhause zwei Begegnungen haben, die sein Leben verändern werden: die ebenso hilfsbereite wie hübsche Nachbarin Betty (Ruta Gedmintas) und Bob, ein Kater, der eines Tages in seiner Wohnung auftaucht und sich weigert, diese wieder zu verlassen.
Es ist eine Geschichte, die eigentlich viel zu schön ist, um wahr zu sein: Ein junger Mann, der am Boden der Gesellschaft angekommen ist, ohne Bleibe, ohne Geld, ohne Perspektive, und durch die Freundschaft zu einer zugelaufenen Katze wieder zurück ins Leben findet. Furchtbarer Kitsch und völlig unglaubwürdig, wird so mancher dazu sagen. Gäbe es da nicht ein Problem: Die Geschichte basiert auf dem wahren Leben des englischen Obdachlosen James Bowen, zumindest dem, wie er es in „Bob, der Streuner“ beschreibt. Das Ende vom Märchen sah so aus, dass der junge Niemand nicht nur sein Leben wieder in Griff bekam, sondern auch fürstlich dafür belohnt wurde. In mehr als 30 Sprachen wurde der Tatsachenroman seit 2010 übersetzt, es folgten diverse andere (Kinder-)Bücher rund um das beliebte Duo. Und nun eben der Film.
Die Art und Weise, wie ein persönliches Schicksal ausgeschlachtet und vermarktet wird, darf man als ziemlich zynisch empfinden. Zudem macht es einem der Film einfach, ihm kritisch gegenüber zu stehen, indem er die ohnehin schon süßliche Note, die eigentlich besser in die Weihnachtszeit gepasst hätte, durch eine Romanze erweitert, die es in der Form nicht im Buch gab. Und die es auch überhaupt nicht gebraucht hätte. Und dennoch: Richtig böse will man dem Film trotz seiner formelhaften und sentimentalen Geschichte nicht sein. Denn auch wenn das hier alles nicht unbedingt subtil ist, wirkungsvoll ist es schon.
Das liegt zu einem großen Teil auch daran, dass die beiden Hauptfiguren ein derart sympathisches Doppel abgeben, dass man ihnen ewig zusehen könnte. Da muss dann auch nicht viel passieren. Es reicht, wenn die zwei im Bus durch London fahren oder James seine Klampfe hervorholt und seine unaufgeregte Straßenmusik zum Besten gibt. Treadaway (Fortitude), sonst eher auf Nebenrollen gemünzt, überzeugt hier sowohl in den künstlerischen wie auch den dramatischen Momenten. Und von denen gibt es mehr als genug, denn eines muss man Bob, der Streuner zugutehalten: Der Film scheut sich nicht vor Hässlichkeit. Wenn James gerade Mülltonnen nach etwas Essbarem durchwühlt oder während seines Entzuges vor die Hunde geht, da wird einem als Zuschauer schon einiges zugemutet, die Darstellung eines Obdachlosen erfolgt ohne große Romantisierung.
Dafür mangelt es der Figur des James an echten Ecken und Kanten. Eigentlich ist er ein viel zu lieber Junge, der einfach nur Pech im Leben hatte. Das mag auf der einen Seite hilfreich sein, um das Stigma der Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Eine richtige Persönlichkeit erwächst daraus aber nicht. Aber Regisseur Roger Spottiswoode vertraut bei seiner Adaption des Bestsellers ohnehin darauf, dass der tierische Held – wie im Film auch – im Mittelpunkt des Geschehens steht und niemand mehr auf das Drumherum achtet. Das geht mit einigen witzigen Aufnahmen aus der Katzenperspektive einher und wird zumindest Tierliebhabern so sehr das Herz überlaufen lassen, dass der Plan vermutlich sogar aufgeht. Und Bob, der hier vom Original-Bob „gespielt“ wird, darf nun auch auf der großen Leinwand zeigen, weshalb er zu einem derartigen Publikumsmagneten werden konnte.
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