(„Club der roten Bänder – Staffel 2“, 2016)
Es sind turbulente Zeiten für den Club der roten Bänder: Während die Clique noch den Tod von Alex (Timur Bartels) beweint, ist Hugo (Nick Julius Schuck) aus seinem jahrelangen Koma erwacht. Auch die gebrochenen Beine von Toni (Ivo Kortlang) sind verheilt, Emma (Luise Befort) hat ihre Magersucht überwunden. Für Leo (Tim Oliver Schultz) sieht es nicht ganz so rosig aus, denn das bedeutet Abschied von seiner großen Liebe zu nehmen. Und Jonas (Damian Hardung), der ebenfalls in das einzige Mädchen aus der Runde verliebt ist, kämpft ohnehin noch damit, dass seine Gefühle nicht erwidert wurden. Bedeutet das nun das Aus für die Freunde?
Die erste Staffel von Club der roten Bänder war eine wohltuende Ausnahme im deutschen Fernsehen. Wenn ein Privatsender sich des Themas todkranke Kinder annimmt und das zu einer Serie ausbreitet, dann darf einem das ja schon mal ein bisschen Angst machen. Wider Erwarten ging die auf einer katalanischen Serie basierende Sendung aber überaus einfühlsam mit dem Thema um, nahm sowohl die Protagonisten und deren Nöte sowie auch das Publikum ernst. Ausnahmsweise hatte man hier tatsächlich das Gefühl, es mit realen Personen zu tun zu haben, die alle ihre Schwächen und Macken haben dürfen – mit Abstufungen natürlich.
Diese Stärke zeichnet prinzipiell auch die zweite Staffel aus. Gerade Leo, Jonas und Emma bilden das emotionale (Nicht-)Rückgrat einer Geschichte, die wunderbar alltägliche Jugendliche in wenig alltägliche Situationen zwingt. Wie geht man damit um, in jemanden verliebt zu sein, mit ihm die Zukunft verbringen zu möchten, wenn man gar nicht weiß, ob man überhaupt eine Zukunft hat? Wo treffen sich Selbstaufgabe und Selbstschutz? Was gibt mir die Stärke weiterzumachen, wenn mir das Leben unentwegt ans amputierte Bein pinkelt?
Starke, authentische Momente gibt es in den neuen zehn Folgen auf diese Weise einige, zumal das junge Ensemble erneut einen soliden bis hervorragenden Eindruck hinterlässt. Dafür schwächelt dieses Mal die Geschichte. Das größte Problem für die Drehbuchautoren war es, die Handlung voranzutreiben, eine tatsächliche Entwicklung in den Krankenhausaufenthalt zu bringen, gleichzeitig aber das Ensemble zusammenzuhalten. Das tun sie einerseits, nur um im nächsten Moment alles wieder rückgängig zu machen. Und so realistisch es sein mag, dass schwerkranke Menschen Rückfälle erleben, nicht an jeder Ecke ein Happy End warten kann, man merkt Club der roten Bänder doch recht deutlich an, dass man die Protagonisten notfalls zu ihrem gemeinsamem Glück zwingen soll. Und wenn es heißt, Alex als Geist durch das Krankenhaus huschen zu lassen, dann ist das eben so.
Den Hang zum Übernatürlichen hatte man natürlich schon zuvor gehabt, der gesamte Handlungsstrang um den komatösen Hugo basierte auf dem Konzept einer Zwischenwelt. Dieses Mal kannte man aber kein Halten mehr, nicht einmal vor einer Variante von Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte wird hier zurückgeschreckt. Und das beißt sich dann schon mit dem grundsätzlichen Realismus der Serie, der zudem auch mit einer erhöhten Portion Kitsch attackiert wird. Diese gelegentlichen Entgleisungen zusammen mit den diversen Déjà-vu-Erlebnissen machen Staffel 2 insgesamt zu einer schwächeren Angelegenheit als erhofft. Zumindest aber bleiben einem die Figuren auch in dieser Form so sympathisch, dass man für die dritte und letzte Staffel wieder dabei sein wird, ein bisschen lachen, ein bisschen weinen, ein bisschen staunen.
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