(„Hacksaw Ridge“ directed by Mel Gibson, 2o16)
Der Zweite Weltkrieg ist im vollen Gange und viele junge Amerikaner melden sich freiwillig zum Wehrdienst, um ihrem Land dienen zu können. Darunter auch der gläubige Desmond Doss (Andrew Garfield), der sich als Sanitäter auf dem Schlachtfeld bewähren will – ohne jeglichen Gebrauch von Schusswaffen. Damit trifft er nicht nur auf Unverständnis, sondern ist zudem eine potenzielle Gefahr für seine Mitsoldaten und ein Risiko für die bevorstehende Mission auf der japanischen Insel Okinawa. Er wird gepeinigt, getreten und zum Aufgeben gezwungen, weicht aber zu keinem Zeitpunkt von seinem Glauben ab und darf schließlich in den Kampf ziehen. Dort wird ihm das wahre Ausmaß des Krieges erst wirklich bewusst, und als die Mission zu scheitern droht, seine Kameraden nacheinander fallen, wächst er über sich hinaus und wird zum geschichtsträchtigen Helden.
Zehn Jahre sind seit Mel Gibsons letztem Film Apocalypto vergangen. Eine bitter nötige Schaffenspause, war er seitdem mehr durch persönliche Ausbrüche in den Medien als durch kreative Durchbrüche. Grund genug, wie der Phönix aus der Asche erneut die Bühne zu betreten und mit einem interessanten Projekt von sich reden zu machen. Basierend auf dem Dokumentarfilm The Conscientious Objector (2004), greift er die reale Geschichte des jungen Desmond Doss auf, spickt sie mit einigen schauspielerischen Größen, wie Andrew Garfield (The Amazing Spider-Man), Hugo Weaving (Strangerland), Teresa Palmer (Lights Out), Vince Vaughn (Big Business) und Sam Worthington (Avatar), und rundet das Ganze mit ausdrucksstarken Bildern ab. Eine Rolle für einen seiner Söhne brachte er auch noch unter.
Zweieinhalb Stunden schwerstes Kriegsdrama und einschlagender Projektile. Wer patriotisches Filmfutter erwartet hat, der wird zunächst enttäuscht. Es beginnt in Desmonds Kindheit, der erst durch einen tragischen Zwischenfall mit seinem Bruder und die kontinuierlichen Worte seiner besorgten Mutter zum Glauben findet. Als er Jahre später einem Unfallopfer Erste Hilfe leistet, trifft er im Krankenhaus auf die schöne Dorothy Schutte (Palmer), die sofort seine Neugierde weckt. Es entwickelt sich eine Liebesgeschichte, wie man sie so nicht vermutet hätte und erst durch sein Bedürfnis, seinem Land dienen zu wollen, an militärischen Zügen gewinnt. Es folgt der Eintritt in die Armee und der Kampf um Anerkennung seiner pazifistischen Veranlagung.
Das erste Drittel erinnert an eine Geschichte von Nicholas Sparks, schafft es aber die schmale Grenze zum Kitsch gekonnt zu umgehen. Im zweiten werden die Zügel angezogen und mit dem militärischen Umgangston bestückt. Filme wie Men of Honor und Eine Frage der Ehre schießen einem beim Anblick der schlichten Kasernen und störrischen Sergeants in die Synapsen. Das alles ist allerdings vergessen, sobald der erste Fuß auf feindliches Territorium gesetzt wird. Es trifft den Zuschauer und vor allem die unwissenden Soldaten wie ein Vorschlaghammer, als die ersten Bomben fallen und bekannte Mitsoldaten in Scharen fallen. Der Tod ist ein stetiger Begleiter, der sich vor allem in den gebrochenen Gesichtsausdrücken der Soldaten widerspiegelt. Hier gibt es keine Perspektive, kein Zeitgefühl und schon gar keine Hoffnung.
Der filmische Cut zur beinahe schon reißerischen Kriegsdarstellung kommt abrupt und gibt Grund für Diskussion. Steht die drastische Inszenierung im absoluten Widerspruch mit dem bisher gesehenen, ist sie gerade deshalb so realistisch und schockierend zugleich. So ist Krieg, ob man will oder nicht. Dennoch kann man über einzige Szenen in ihrer gänzlichen Detailtreue streiten und auch das Ende ist mehr Alibi, in Abspannform mit Fotos und einigen netten Worten, wie man es leider bei solch einer Art von Film gewohnt ist. Kann man machen, hat man aber schon zuhauf gesehen. Abgesehen davon lebt der Film von seinen abwechslungsreichen Facetten, tiefgreifenden Charakteren und der starken Visualisierung.
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