Hidden Figures
© 2017 Twentieth Century Fox

Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen

(„Hidden Figures“ directed by Theodore Melfi, 2016)

„Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“ läuft ab 2. Februar im Kino

Bevor der Mensch überhaupt davon träumen kann, den Mond zu betreten oder Galaxien zu erkunden, muss er zunächst einmal eine Rakete sicher abschießen und landen können. Ein Unterfangen, welches in den 50er und 60er Jahren den Startschuss für einen Wettflug zwischen den USA und der Sowjetunion gibt. Während Astronauten und Entscheidungsträger im Scheinwerferlicht des schier Unmöglichen stehen, sitzen Katherine G. Johnson (Taraji P. Henson), Dorothy Vaughan (Octavia Spencer), Mary Jackson (Janelle Monáe) und ihr Team aus gleichgesinnten Afroamerikanerinnen im Schatten des NASA-Projekts und berechnen dafür notwendige Gleichungen sowie essenzielle Koordinaten. Erfolg und Niederlage sind oft nur wenige Dezimalstellen voneinander entfernt. und als wäre der Druck nicht groß genug, wird ihre Hautfarbe zur täglichen Aufgabe, für die es keine mathematische Lösung gibt.

Sie sind schön, schlau und fleißig. Außerdem sind sie Frauen, schwarz und haben eine eigene Meinung. Eine Mischung, die bis heute für viele ein gesellschaftlicher Dorn im Auge ist. Und dennoch ging es damals nicht ohne sie. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Repertoire an gebildeten männlichen Mathematikern rar und die Sowjets standen kurz vor dem Durchbruch in der Raumfahrt. Die auf Abruf bereit stehende Frauengruppe wurde je nach Bedarf auf die nötigen Bereiche des Langley Forschungszentrums verteilt und machte sich durch ihr Talent und Wissen einen Namen, zur Missgunst vieler weißer Kollegen. Eine wahre Geschichte, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Margot Lee Shetterly, die sich der Regisseur Theodore Melfi (St. Vincent) zur Vorlage für seinen nächsten Film nimmt.

Wir begleiten das tatkräftige Trio auf ihren alltäglichen Wegen. Mary ist frech, schlagfertig, möchte die erste schwarze Ingenieurin werden und kämpft verbissen um die dafür nötige Weiterbildung. Dorothy ist die fürsorgliche Leiterin der Gruppe und erfährt von der Investition der NASA in einen Super-Computer, der sie alle von jetzt auf gleich arbeitslos machen könnte. Allerdings ist die Technologie noch nicht ausgereift und keiner scheint sich damit auszukennen – bis jetzt. Katherine ist die schüchterne Hauptfigur und wird unter der Führung von Al Harrison (Kevin Costner) zum mathematischen Schlüsselstück des bevorstehenden Raketenstarts. Sie ist auch die einzige mit einer ausgebauten Hintergrundgeschichte, die sie als Witwe und Mutter dreier Kinder zeigt, die im weiteren Verlauf auf den liebenswürdigen Oberst Jim Johnson (Mahershala Ali) trifft, der in ihr längst vergessene Gefühle weckt. Abgesehen davon gibt der Arbeitsalltag der Damen nicht viel Spielraum. Sie kommen im Morgengrauen und gehen zu später Stunde. Jeder Mann wird gebraucht und zwangsweise auch jede farbige Frau.

Das Rassenspektakel kann trotz seiner Brisanz und Historie an Aussagekraft verlieren, wenn die eigentliche Nachricht inmitten publikumsaufheizender Szenarien verloren geht. Dem entgeht Melfi, indem er der Geschichte eine ungewohnt optimistische Note verleiht und dabei die genau richtigen Töne trifft. Jede der drei Frauen ist ein geballtes Bündel an weiblicher Willensstärke. Keck, scharfsinnig und zu keinem Zeitpunkt respektlos schließt man sie schnell in sein Herz. Dabei scheinen einige Darsteller die Herausforderung zu suchen. Ist Taraji P. Henson überwiegend für ihre vorlauten Schauspielauftritte (Cookie Lyon aus der Serie Empire) bekannt, entzückt sie auch als zurückhaltende Mathematikerin und mit weniger dezibellastigen Dialogen. Jim Parsons, der normalerweise Sheldon Cooper, den Lieblingsnerd vieler Fans in der Erfolgsserie The Big Bang Theory, verkörpert, ist in seiner Rolle als Paul Stafford beruflich zwar in vergleichbaren Gefilden unterwegs, charakterlich aber weniger liebenswert und ähnlich ignorant wie Kirsten Dunsts (Midnight Special) Charakter der Vivian Mitchell. Ein ungewohntes Gewand, welches beide mit Bravour tragen. Kevin Costner (Draft Day), der als Al Harrison das unfreiwillige Bindeglied zwischen Schwarz und Weiß darstellt, hat ausschließlich den erfolgreichen Flug der Rakete im Kopf. Den erreichen sie nur zusammen, weshalb er auch keinen Halt vor der Beseitigung von rassenspezifischen Toilettenschildern oder Kaffeekannen macht. Der Mann für alle Zwischenfälle. Sympathisch, praktisch, gut. Ein kleiner Schritt für ihn, aber ein großer für das bis dato rassengetrennte Langley Forschungszentrum der NASA.



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Trotz der ernsten Thematik schafft es der Film, die unerkannten Heldinnen charmant in Szene zu setzen und in den Vordergrund zu rücken. Drei Powerfrauen, die wissen was sie wollen und es nicht einfach einfordern, sondern dafür arbeiten. Ein Feel-Good-Movie feinster Güte, der bekannte Gesichter in neuen Rollen zeigt und der amerikanischen Raumfahrt eine interessante weibliche Facette verleiht.
8
von 10