Where to Miss
© W-Film

Where to, Miss?

(„Where to, Miss?“ directed by Manuela Bastian, 2016)

„Where to, Miss?“ läuft ab 19. Januar im Kino

Es gehört ja zu den beliebten Klischees, dass Taxifahrer gescheiterte Existenzen sind. Geisteswissenschaftler, für die es in der realen Arbeitswelt keinen Platz gibt. Schauspieleraspiranten, die in Hollywood auf ihren großen Durchbruch warten. Nun hat Devki weder einen Universitätsabschluss in der Tasche, noch spekuliert sie darauf, ein umjubelter Star zu werden. Für sie ist das Taxifahren dann auch keine Notlösung, sondern der große Traum. Ihre Chance, endlich einmal ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Denn das ist nicht so selbstverständlich, wie es sich anhört. Nicht in Indien. Nicht als Frau.

Insgesamt drei Jahre hat die deutsche Filmstudentin Manuela Bastian die junge Frau in ihrer Heimat begleitet, zu drei sehr unterschiedlichen Situationen in ihrem Leben, die aber doch alle darauf hinauslaufen, dass sie nichts zu sagen, nichts zu bestimmen hat. Zu Beginn von Where to, Miss? hat sie sich gerade von ihrem gewalttätigen Mann getrennt und lebt wieder bei ihrem Vater. Der beteuert zwar, dass er ihre Gründe für die Scheidung verstehen kann. Das war es aber auch schon. Von ihrem Entschluss, selbst Geld zu verdienen, hält er nichts, stattdessen solle sie lieber einen anderen Mann heiraten. Denn eine Frau gehört nun mal zu einem Mann. Oder auch mehreren, wie die tödliche Massenvergewaltigung vor einigen Jahren schmerzhaft bewies.

Ganz so heftige Bilder und Themen bring Bastian von ihrer Reise nicht mit, die tragische Geschichte schwingt aber immer wieder mit. „Women on Wheels“ heißt die Kampagne, in der Frauen neben Fahrkenntnissen auch Englisch und Selbstverteidigung lernen sollen, damit sie eigenes Geld verdienen, insgesamt unabhängiger werden können. Doch das scheitert während des Films mehrfach, sei es weil Devki durch die Fahrprüfung rasselt, sei es, weil ihr Umfeld ihr nur wenig Verständnis entgegenbringt. Ihr Vater, ein zweiter Ehemann, dessen Familie – keiner will, dass sie sich ans Steuer setzt. Stattdessen landet sie in einem kleinen Bergdorf, wo sie sich nicht nur traditionell zu kleiden hat, sondern auch aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse ausgegrenzt ist.

Warum sie dennoch dorthin geht, warum sie sich auf eine zweite Ehe einlässt, obwohl ihr neuer Mann ebenfalls konservative Ansichten vertritt, der Film verrät es nicht. Allgemein krankt Where to, Miss? daran, dass hier keine echte Entwicklung gezeigt wird. Teilweise ist das natürlich auch gewollt, denn egal, ob sie nun Tochter, Ehefrau oder Mutter ist – so lauten die drei Kapitel der Dokumentation – für Devki ändert sich wenig. Der Frust darüber, an den entsprechenden Stellen nicht mehr über ihre Lebensentscheidungen zu erfahren, er vermischt sich mit dem Frust, dass es vermutlich ohnehin keine Änderung gebracht hätte. Zu stark ist Indien in seinen konservativen, frauenfeindlichen Ansichten verwurzelt, als dass es eine einzelne Frau wirklich damit aufnehmen könnte.

Dass der unbedingte Wille mit der Zeit gebrochen wird, Devki sich manchmal äußerst verbittert zeigt, ein Wunder ist das nicht. Dazu passen dann auch die Bilder von Where to, Miss?: Der Dokumentarfilm zeigt Aufnahmen zwischen Armut und Exotik, zwischen alten Traditionen und modernem Moloch und bietet damit nicht nur kulturell einen Einblick in eine uns doch recht fremde Welt.



(Anzeige)

Frauenrechte und Indien? Da prallen zwei Welten aufeinander. „Where to, Miss?“ zeigt den frustrierenden und frustrierten Kampf einer jungen Frau um Unabhängigkeit, spart leider aber wichtige Punkte und Kontexte in ihrem Leben aus.