(„Tjockare än vatten“ directed by Erik Leijonborg, Anders Engström, 2016)
Der Winter ist auf der Insel Åland eingekehrt, die Weihnachtssaison steht vor der Tür. Höchste Zeit, die Pension für die kommenden Gäste vorzubereiten! Als Lasse (Björn Bengtsson) und Jonna (Aliette Opheim) zu ihrem ehemaligen Zuhause zurückkehren, ist davon jedoch kaum etwas zu sehen. Ihr Bruder Oskar (Joel Spira), mit dem sie sich den Besitz nach dem Tod ihrer Mutter teilen, ist ebenso wie das Haus in einem desolaten Zustand, leidet darunter, dass seine Frau Liv (Jessica Grabowsky) das Land verlassen hat und keine Anstalten macht zurückzukehren. Nun liegt es an den Geschwistern, auf die Schnelle alles wieder ins Lot zu bringen, stoßen dabei jedoch regelmäßig auf Probleme – darunter welche, die sie eigentlich vor langer Zeit schon begraben hatten.
Und wie geht es dir so? Wer nach langer Zeit Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder wiedersieht, der spekuliert dabei eigentlich immer auf eine positive Antwort. Nicht bei Blutsbande. Schon Staffel 1 der schwedisch-finnischen Serie lehrte uns, dass der Skandinavier an sich nicht nur zurückhaltend ist, wenn es darum geht, Probleme offen anzusprechen. Er ist zudem ein Meister darin, sich immer wieder neue zu schaffen. Missbrauch, Mord, Brandstiftung – das war schon eine Menge, was einem die als Familiendrama angelegte Geschichte dabei zumutete.
Staffel Nummer 2, die seit Januar auch in Deutschland zu sehen ist, macht an der Stelle nahtlos weiter. Man versuchte sogar, dem Ganzen noch ein bisschen was draufzusetzen: Auch dieses Mal müssen Menschen sterben, es kommen Fälle von Erpressung und Falschgeld hinzu, zwischenzeitlich ist die Serie eigentlich längst im Krimibereich angekommen. Das ist bei skandinavischen Filmen keine Seltenheit, wo oft so stoisch in die menschlichen Abgründe gestarrt wird, dass einem als Zuschauer der Glaube an das Gute im Menschen abhandenkommt. Blutsbande versucht an der Stelle aber noch nicht einmal, in irgendeiner Form plausibel zu sein: Wann auch immer es eine Möglichkeit für die Figuren gibt, sich falsch zu verhalten oder Pech zu haben, sie wird auf jeden Fall genutzt. Und Dreck am Stecken hat ohnehin jeder, der eine früher, der andere später. Dass Jonnas neues Love Interest, der finnische Handwerker Wille (Samuel Vauramo), Verbrecherkreisen nicht ganz fremd ist, dürfte daher auch niemanden überraschen.
Was den Hang zur düsteren Soap Opera aber immer wieder ausgleicht, sind zwei Stärken, welche die Serie aus der ersten Staffel mitgenommen hat. Da wären zum einen die Schauspieler, die wirklich das beste aus ihrer jeweiligen Misere machen. Wenn sich die Geschwister anfahren, sich zwischenzeitlich versöhnen, hinter dem Rücken der anderen intrigieren oder sich auch mal in die Schusslinie werfen, dann ist es wirklich das volle Leben, was die Skandinavier da auf den Bildschirm holen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne das Bedürfnis, die Figuren zumindest ansatzweise sympathisch zu gestalten. Helden? Die gibt es auf der Insel nicht, nur zerstörte Existenzen. Und atmosphärisch gibt es bei Blutsbande ohnehin nichts zu meckern, die einsamen Bilder der Einöde, die blass-düsteren Blautöne, die melancholische Musik – selbst wenn gerade mal nicht eine Katastrophe passiert, nimmt einen die Serie kontinuierlich mit. Bewegend ist das zwar nur manchmal, spannend dafür oft aber schon: Schließlich will man wissen, in welchen Abgrund sich die Familie in der nächsten Folge stürzt.
(Anzeige)