(„Fifty Shades Darker directed by James Foley, 2017)
Was man von 50 Shades Darker erwartet, so der Originaltitel, der per Komparativ bereits eine Steigerung zum Kassenerfolg Fifty Shades of Grey verspricht: mehr Haut, mehr Gefühl, mehr Geheimnisse über den begehrten Jungegesellen Christian Grey (Jamie Dornan). Haut sieht man in den ersten Sekunden genug; in einer fast makroskopischen Aufnahme werden die Credits auf feingeäderten Körperpartien präsentiert, nur um unvermittelt in einem brutalen Flashback aus der so gut gehüteten Vergangenheit des schweigsamen Mr Grey überzugehen. Also auch die „Geheimnisse“ der schweren Kindheit und der Narben auf dem muskulösen Oberkörper sind bereits gelüftet, da läuft der Film noch keine fünf Minuten.
Regisseur James Foley verinnerlicht in seiner Adaption von E.L. James‘ Bestseller dieses Zeitrafferprinzip: Greys Blumengrüße zu Anastasia Steeles (Dakota Johnson) neuem Job, das erste Wiedersehen nach schmerzlicher Trennung, Abendessen, Dinnerdate, Sex, Vorstellung bei Greys Eltern, gemeinsame Wohnung, beruflicher Aufstieg zur Lektorin, Heiratsantrag. Märchengleich ist diese Akkumulation von glücklichen Fügungen, Streit zwischen dem Traumpaar, die aggressiven Avanchen von Anas Chef (Eric Johnson) oder die Nachstellungen einer enttäuschten Ex-Sklavin fallen dabei nur wenig ins Gewicht und werden ebenso schnell abgehandelt.
Die Erzählzeit dehnt sich ausschließlich, dafür auffällig stark bei zwei Gelegenheiten: bei der Präsentation von Statusobjekten zur Verdeutlichung des immensen Reichtums, in dem Grey lebt – zu nennen ist hier der Zweimaster „The Grace“, sein weitläufiges Penthouse über den Dächern von Seattle und ein opulenter Maskenball, den Greys Eltern anlässlich einer Wohltätigkeitsauktion geben – und bei der Präsentation von aufregender Erotik, oder was vom werten Publikum dafür gehalten werden soll. Linda Williams beschreibt in Ihrer Abhandlung „Hardcore“ eine Klassifizierung von Pornographie, die ebenfalls erzählte Zeit und Erzählzeit vergleicht. Ein Film, so Williams, ist dann Pornographie, wenn die Sexszenen mehr Raum einnehmen als die Handlung. Williams würde 50 Shades of Grey – Gefährliche Liebe definitiv als Porno einstufen; allerdings als Produktporno, einen langweiligen noch dazu, denn nichts wird der Phantasie überlassen.
Selbst die offensichtlichsten Zusammenhänge müssen wohl oder übel ausgesprochen werden. Selbst wer noch nicht das Vergnügen hatte Liebeskugeln zu tragen, wird durch Dakota Johnsons fast schon exaltiertes Spiel definitiv begreifen, dass sie beim Gehen, Stehen und Lachen zu spüren sind. Dennoch lässt Drehbuchautor Niall Leonard, Ehemann von E.L. James, Christian plump anmerken: „Nun weißt du, was die Silberkugeln machen“. Das ist das ärgerlichste an diesem Film: Die Vorhersehbarkeit der Ereignisse reicht nicht aus, Drehbuch und Regie gehen auf Nummer sicher, dass dem Zuschauer ja kein noch so offensichtliches Detail entgeht. So sorgt Anas Stalkerin ebenso wenig für Spannung wie das Auftauchen von Greys Ex-Meisterin in Gestalt einer sehr gestrafften Kim Basinger. Was bleibt, sind zugegeben gekonnt gefilmte und inszenierte Liebesszenen und ein ausladendes Defilee der schönen Dinge.
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