(„Mahana“ directed by Lee Tamahori, 2016)
Was Tamihana (Temuera Morrison) sagt, das wird gemacht: Das war so, das ist. Und das soll nach Ansicht des Familienoberhaupts auch so bleiben. Sein Enkel Simeon (Akuhata Keefe) hält jedoch nicht viel von den Bevormundungen und wagt es, ihm immer wieder Contra zu geben – eine unerhörte Frechheit im ländlichen Neuseeland der 60er. Es ist aber nicht nur der immer intensiver werdende Generationenkonflikt, der den Mahanas zu schaffen macht. Ebenso nervenaufreibend ist der Konkurrenzkampf mit der Familie Poata, der sich unter anderem im traditionellen Schafscherwettbewerb zeigt. Und auch der hat Tradition, geht er doch auf einen lange zurückliegenden Streit zwischen den beiden Familien zurück.
Das neuseeländische Kino ist hierzulande ja nicht ganz so präsent. Dann und wann schafft es aber doch der eine oder andere Filmemacher, sich auch international einen Namen zu machen. Peter Jackson wurde durch Herr der Ringe und Der Hobbit zu einem der Schwergewichte seiner Zunft, auch Jane Campion (Das Piano) durfte mehrfach mit Hollywood zusammenarbeiten. Dem Duo Jemaine Clement und Taika Waititi (5 Zimmer Küche Sarg) wurde sogar die Ehre zuteil, den neuen Thor: Ragnarok inszenieren zu dürfen. Landsmann Lee Tamahori schlug nun jedoch die entgegengesetzte Richtung ein, drehte nach Filmen wie Stirb an einem anderen Tag der Traumfabrik den Rücken zu, drehte bei Mahana – Eine Maori-Saga erstmals seit zwei Jahrzehnten wieder in seinem Heimatland. Wenn dann auch noch ein Buch von Whale Rider-Autor Witi Ihimaera verfilmt wird, dann verspricht das schon eine geradezu ur-neuseeländische Angelegenheit.
Ganz so ist es dann am Ende aber doch nicht. Einige Szenen sind tatsächlich von den langen Traditionen der Maoris durchtränkt. Eine wunderbare zeigt beispielsweise Tamihanas Frau Ramona (Nancy Brunning), wie sie die Bienen mit ihrem Gesang milde zu stimmen versucht. Auch an anderen Stellen dürfen wir einen kleinen Blick hinter die Kulissen werfen, uns von dieser so fremden wie alten Kultur verzaubern lassen. Im Grunde erzählt Mahana – Eine Maori-Saga jedoch eine sehr klassische und universelle Geschichte. Der Kampf zwischen Tradition und Moderne läuft hier parallel zwischen alter Maori-Kultur und westlichen Einflüssen sowie zwischen den in alten Überzeugungen verwurzelten Alten und den aufgeschlossenen Jungen auf der Suche nach sich selbst – und hier in erster Linie zwischen Opa und Enkel.
Dass der verknöcherte, cholerisch veranlagte Patriarch nicht unbedingt mit vielen Zwischentönen gesegnet ist, ist ein wenig schade, hier sind Sympathien und positive Eigenschaften doch schon sehr einseitig verteilt. Vor allem, wenn zum Ende hin auch noch ein bisschen Vergangenheitsforschung betrieben wird. Spannend ist das eher simple Familiendrama aber dennoch: Temuera Morrison mutiert zu einem derart abstoßenden Oberhaupt, während sich Akuhata Keefe die unschuldige Aufmüpfigkeit der Jugend einverleibt, dass die beiden nur im selben Raum stehen müssen, damit die Funken fliegen. Und manchmal auch die Fäuste.
Wenn hier die Frage nach einem Kinobesuch zu einer Krise führt, in der alle irgendwie einbezogen werden, dann kommt einem das zumindest in Ansätzen sehr vertraut vor. Denn der Kampf um persönliche Freiheiten, der kommt nie aus der Mode, egal ob nun im Deutschland der 2010er oder eben im Neuseeland der 60er. Versüßt wird das Drama durch einige nachdenkliche Passagen zu Freiheit und Gerechtigkeit, vor allem aber die wunderbaren Bilder aus dem Inselstaat, die uns nicht nur die besondere Schönheit der Landschaft näherbringen, sondern auch alltägliche Arbeiten wie eben die der Schafschur. Und das bekommt man dann doch nicht ganz so oft zu sehen.
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