(„Samurai 7“ directed by Toshifumi Takizawa, 2004)
Seit dem Ende des großen Krieges ist zwar Frieden in Japan eingekehrt, für die Bauern hat das eigentliche Übel jetzt aber erst richtig angefangen. Immer wieder werden sie von den Räubern, großen Roboter-Samurais, gezwungen, den hart erarbeiteten Reis abzugeben. Mehr noch, auch die Frauen der Dörfer sind vor den starken Kriegern nicht sicher: Viele wurden entführt, ohne dass sie je einer wiedergesehen hätte. Mit dem Rücken zur Wand beschließt das kleine Dorf Kanna, sich gegen den übermächtigen Feind zu wehren. Schreinprinzessin Kirara, deren Schwester Komachi und Bauer Rikichi bekommen die wichtige Aufgabe, in die Hauptstadt zu reisen und dort Samurais zu finden, die sie gegen Reis vor den Räubern schützen sollen.
Dass Japaner keine großen Skrupel haben, Klassiker der Literaturgeschichte abzuwandeln und zu „modernisieren“, das haben sie in Animes wie Gankutsuou: The Count of Monte Cristo oder Die Abenteuer des Sherlock Holmes bewiesen. Aber auch vor den eigenen heiligen Kühen machen sie keinen Halt, wie das Beispiel Samurai 7 zeigt. Wie der Titel schon naheliegt, handelt es sich bei der 2004 produzierten Serie um eine Adaption von Akira Kurosawas Meisterwerk Die sieben Samurai. Allerdings eine, die sich nur teilweise an die altbekannte Geschichte um die furchtlosen Kämpfer hält, die es entgegen aller Erfolgsaussichten mit den Angreifern eines kleinen Dorfes aufnehmen.
Warum das klassische Japan hier derart umgeschrieben wurde, das wissen nur die Animegötter. Vielleicht sollte durch die technologisierten Räuber, die als riesige Roboter das Land unsicher machen, die Ausweglosigkeit des Dorfes und der Samurai deutlicher gemacht werden – Heugabeln und Schwerter gegen kolossale Maschinen, wie soll das gehen? Vielleicht war es auch die fernöstliche Faszination für die Mecha genannten Superroboter, in Verbindung mit der Hoffnung auf einen erhöhten Coolnessfaktor, die hier den Ausschlag für eine alternative Geschichte gaben, in der Vergangenheit und Zukunft nicht voneinander zu trennen sind.
Es sind aber nicht nur diese Maschinen, mit denen sich Samurai 7 von dem großen Vorbild abzuheben versucht. Da kommen auch Rennschildkröten zum Einsatz, zwischenzeitlich lernt die Heldentruppe ein mysteriöses Volk kennen, das sein Gesicht hinter Masken versteckt und den ganzen Tag kopfüber von der Decke hängt. Warum es das tut, wird zu keinem Zeitpunkt der 26 Episoden erklärt. Und das ist symptomatisch für eine Serie, die zwar durchaus eigene Ideen hat, diese aber kaum ausführt. Das gilt besonders für das letzte Drittel. Anders als das Vorbild oder auch dessen US-Fassungen Die glorreichen Sieben (1960) und Die glorreichen Sieben (2016), endet die Serie nicht mit dem Angriff auf das Dorf. Stattdessen wird die Geschichte weitergesponnen, um auch die Hauptstadt noch ins Geschehen miteinzubinden. Das ist einerseits löblich, dürfen so auch Kenner des Klassikers noch ein bisschen was Neues sehen. Aber eben auch frustrierend, denn ab dem Zeitpunkt ergibt das Abenteuer nur noch sehr bedingt Sinn.
Am ehesten funktioniert Samurai 7 dann noch als Kommentar über eine auseinanderbrechende Gesellschaft, in der verschiedene Fraktionen – mal mit Gewalt, mal durch Intrigen – gegeneinander antreten. So richtig ernstnehmen kann man die Serie zu dem Zeitpunkt jedoch nicht, da Action und Setting völlig over the top sind, ohne sich dessen aber bewusst zu sein und den Humor konsequent zu verfolgen. So richtig viel Spaß machen die Kämpfe aber ohnehin nicht, trotz der anvisierten Epik. Dafür sind sie zum einen oft zu kurz, zum anderen optisch nicht ansprechend genug. Wie bei vielen anderen Serien auch setzte das Animationsstudio Gonzo (Trinity Blood, Afro Samurai) auf eine Mischung aus Zeichentrick und CGI-Grafiken. Die klappt zwar besser als bei so manchem anderen Werk der Japaner aus den 00er Jahren, ist inzwischen aber schon sehr in die Jahre gekommen. Zumal der Computer nicht nur bei den naheliegenden Maschinen zum Einsatz kommt, sondern auch bei überflüssigen Fällen wie einem Anhänger oder Reis.
Auch daran muss man sich hier gewöhnen: Bei der Serie passt vieles nicht so recht zusammen. Da treffen übertriebene Superwaffen auf mittelalterliche Hütten und traditionelle Klänge, Kämpfe auf Leben und Tod wechseln sich mit kindlichem Klamauk ab, ohne aber dass der Gemischtwarenladen ein erkennbares Konzept verfolgen würde. Unterhaltsam ist der Anime dennoch immer mal wieder in seiner Mischung aus Altbekanntem und Abstrusen. Vor allem die erste Hälfte ist sehenswert, wenn sich die Animationsfassung viel Zeit für die Charaktere und ihre jeweilige Rekrutierung lässt, man langsam in eine Welt eintaucht, die zwar nicht sonderlich plausibel ist, dabei aber eine Menge zu zeigen und erzählen hat.
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