The Weathering Continent

The Weathering Continent

(„Kaze no Tairiku“ directed by Kōichi Mashimo, 1992)

Früher einmal, vor tausend Jahren, da war das Land sehr fruchtbar gewesen. Doch seitdem Wasser zu einem sehr knappen Gut wurde und die Wüste sich zunehmend ausbreitet, verkümmerte es zu einem sehr lebensfeindlichen Flecken. Der Priester Tieh, Krieger Bois und Diebin Lakushi lassen sich davon aber nicht abhalten und ziehen gemeinsam umher. Doch nun sind auch ihre Wasser-Vorräte aufgebraucht, wenn das Trio nicht schnell Nachschub findet, ist es um die drei geschehen. Vielleicht haben sie ja in der Ruinenstadt Glück, die sie per Zufall entdecken? Was die Gemeinschaft jedoch nicht ahnt: Eine Gruppe von Banditen hat sich an ihre Fersen geheftet. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was tief in der Ruine verborgen auf sie lauert.

Auch wenn Fantasy ja zu den Stärken des Animemediums zählt und maßgeblich dafür mitverantwortlich war, dass die fernöstliche Zeichentrickkunst in den 90ern im Westen populär wurde, das klassische RPG-Segment war immer etwas mager besetzt. Sicher, das kürzlich wiederveröffentlichte Record of Lodoss War dürften noch einige kennen. Die Clamp-Adaption RG Veda ist hingegen relativ in Vergessenheit geraten. Von The Weathering Continent ganz zu schweigen, das zwar zehn Jahre später in Deutschland veröffentlicht wurde, von dem aber seinerzeit kaum einer Notiz nahm. Was auch daran gelegen haben dürfte, dass die ihr zugrundeliegende mittlerweile immerhin 28 Bände umfassende Light-Novel-Reihe von Sei Takekawa nie übersetzt wurde. Und als Einzelwerk ist der Anime nur bedingt zu empfehlen.

Das größte Problem bei The Weathering Continent ist, dass man ihm zu jeder Zeit anmerkt, dass er nur ein kleiner Ausschnitt eines größeren Bildes ist. Dass das Szenario des verdorrten Landes, welches wohl Atlantis entsprechen soll, mit nur wenigen Zeilen im Vorspann abgehandelt wird, das lässt sich noch verschmerzen. Nur tat man sich recht schwer damit, die Figuren in der Geschichte unterzubringen. Immer wieder gibt es Flashbacks der Protagonisten, die mit der Erkundung der Ruine aber eigentlich nichts zu tun haben. Das bringt das Tempo des Films durcheinander – der Anime findet nie wirklich seinen Rhythmus –, das Ziel der Charakterisierung wird aber dennoch kaum erreicht. Viel mehr als RPG-Stereotype sind die drei Reisenden nicht, von ihren Gegnern ganz zu schweigen.

Dafür glänzt das rund einstündige Werk, sobald es denn mal hinunter in die Ruinen geht. Eine Geisterstadt ist es, was das Trio dort vorfindet, längt ausgestorben und doch auf eine erschreckende Weise lebendig. Näher darauf einzugehen, würde The Weathering Continent seine größte Stärke rauben. Nur so viel: Was als recht herkömmlicher Endzeit-Fantasy-Anime beginnt, schlägt nun eine Horrorrichtung ein, die es einem tatsächlich kalt den Rücken hinunterlaufen lässt. Atmosphärisch ist das von Production I.G (Blood-C: The Last DarkKai Doh Maru) und Regisseur Kōichi Mashimo (Noir, .hack//Sign) umgesetzte Werk allgemein recht stark, arbeitet viel mit ominösen Stimmungen und Andeutungen, bedrohlichen Orten und einer Spur Wahnsinn.

Über die etwas langweiligen Figuren-Designs im typischen Stil ihrer Zeit muss man dabei jedoch hinwegsehen können. Und auch die eigenartige Musik, die viel mit wortlosen Gesängen arbeitet, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Andererseits passt sie auch wieder zu einem Anime, der seltsam ist und seltsam sein will. Da die DVD bis heute recht günstig zu bekommen ist, können Fantasy-Fans durchaus einen Blick riskieren, auch wenn der Inhalt an vielen Stellen eher sparsam ist und so manches Element vorzeitig in der Dürre der Wüste versandet.



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Der hierzulande eher unbekannte Fantasy-Anime benutzt ein bekanntes Anfangsszenario, um anschließend in eine atmosphärisch dichte Horrorrichtung weiterzugehen. Aufgrund der begrenzten Laufzeit bleibt vieles hier aber nur angeschnitten, die Figuren selbst haben nicht die Gelegenheit, trotz ihrer Flashbacks mehr als Stereotype zu werden.
6
von 10