(„The Wolverine“ directed by James Mangold, 2013)
Wenn es nach Logan (Hugh Jackman) ginge, er würde seine Zeit als Superheld gern vergessen, seine enormen Kräfte, seine Unsterblichkeit. Denn seit dem Tod von Jean Grey (Famke Jansen) ist ihm jeder Lebensmut abhandengekommen. Als eines Tages die rothaarige Yukio (Rila Fukushima) vor ihm steht, um ihn mit zu einem im Sterben liegenden Freund in Tokio zu nehmen, lehnt er zunächst auch sehr bestimmt ab. Am Ende lässt er sich dennoch überzeugen, nur um gleich ins nächste Abenteuer gezogen zu werden. Mariko (Tao Okamoto), die Enkelin besagten Freundes, wird zur Zielscheibe der Yakuza. Nur dem beherzten Eingreifen von Wolverine, Yukio und Ninja-Anführer Kenuichio Harada (Will Yun Lee) ist es zu verdanken, dass sie noch einmal davon kommt. Die Gefahr ist damit jedoch noch lange nicht gebannt.
Lass das mal den Papa machen. Das lang erwartete Reboot X-Men: Erste Entscheidung entzückte zwar die Kritiker, die Einspielergebnisse waren jedoch relativ enttäuschend. Und so durfte anschließend doch noch einmal die alte Garde ran. Während deren Auftritt in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit größtenteils aus kommerziellen Gründen geschah, war Wolverine – Weg des Kriegers eher eine Art Herzensprojekt. Mehrere Jahre hatte man immer wieder an dem Film gearbeitet, zwischenzeitlich auch den Regisseur ausgetauscht. So richtig gelohnt hat sich das aber nicht, trotz größerer Ambitionen war der nach X-Men Origins – Wolverine zweite Auftritt des Comic-Veteranen nicht wirklich viel besser geworden.
Positiv ist sicher der Tapetenwechsel: Nahezu der komplette Film spielt in Japan, was hier auch ergiebig ausgenutzt wurde. So machen die fernöstlichen Kulissen einiges her, vor allem die Massenschlacht, die wir zu Beginn in einem Tempel sehen dürfen, so wie ein kleines verschneites Dorf später. Insgesamt erweckt Wolverine – Weg des Kriegers aber den Eindruck, dass die Filmemacher anhand eines Reiseführers ihre Geschichte erzählen, denn hier wird kein Klischee ausgelassen. Schön abwechselnd wendet sich die Adaption einer Marvel-Reihe dem Traditionellen (Tempel), Kuriosen (Love Hotel) und Hochtechnolgischen (Shinkansen) zu, bevor dann die Ninjas losgelassen werden. Und Samurairüstungen. Fast schon erstaunlich, dass die amerikanisierte Fassung des Landes der aufgehenden Sonne auf die Standardszenen zu den High-Tech-Toiletten oder gewöhnungsbedürftigem Essen auslässt.
Der zweite große Unterschied zum ersten Wolverine-Solowerk ist, dass hier nicht ganz so viel gemetzelt wird, sondern der Charakter stärker in den Vordergrund rückt. Oder es zumindest soll. Denn so richtig geht der Plan am Ende nicht auf, von den wiederkehrenden Alpträumen des Krallenmannes einmal abgesehen fiel hier niemandem wirklich etwas ein, um der Figur mehr Tiefe zu geben. Beim Rest des Personals wurde es nicht mal versucht. Wer die Leute wirklich sein sollen, enthält uns der Film vor, die Motivationen sind oft unergründlich – siehe Marikos Vater Shingen (Hiroyuki Sanada). Und was die Schlangenfrau Viper (Svetlana Khodchenkova) in Wolverine – Weg des Kriegers zu suchen hat, bleibt ohnehin ein Geheimnis. Vermutlich sollte einfach nur ein Mutant auf der Gegenseite stehen, egal wie. Immerhin darf das vermeintlich schwache Geschlecht hier kräftig mitmischen. Yukio greift von Anfang an zu Waffen, selbst Mariko lässt ihre „Damsel in Distress“-Rolle vereinzelt hinter sich. Man arbeitete also durchaus an einem Gegengewicht zum Obermacho.
Aber die beste Absicht bei den Figuren bringt nichts, wenn sie keine passende Geschichte bekommen. Und die in Wolverine – Weg des Kriegers ist so missglückt, dass man sich fragen muss, wie an ihr wirklich Jahre lang gearbeitet werden konnte. Nicht nur, dass sie sich über weite Strecken wortwörtlich an das Klischeelehrbuch hält, wenn ein Actionstar eine holde, uneinsichtige Maid zu beschützen hat. Jedes Mal, wenn der Film die ausgetretenen Pfade verlassen will, wird es schnell grotesk, um nicht zu sagen lächerlich. Wäre das Ganze damals von Selbstironie à la Deadpool begleitet gewesen, man hätte dem Werk den vielen Unsinn verzeihen können. Doch hier war das alles ernst gemeint. Das passt nicht zusammen, so wie vieles hier nicht wirklich durchdacht ist. Ansehen kann man sich das, diverser schicker Bilder wegen. Der erwünschte Durchbruch wurde jedoch nicht erreicht.
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