(„In A Valley of Violence“ directed by Ti West, 2016)
Für Paul (Ethan Hawke) gibt es derzeit nur ein Ziel im Leben: Mexiko. Dort will er seine Vergangenheit zurücklassen, die eigenen Gräueltaten vergessen. Doch ausgerechnet in dem kleinen Ort Denton wird die Reise jäh unterbrochen, als der jähzornige Gilly (James Ransone) in dem Fremden ein leichtes Opfer vermutet – und sich dafür eine blutige Nase holt. Dessen Vater (John Travolta), der hiesige Sheriff, überzeugt Paul zwar, das Weite zu suchen und so den Konflikt zu entschärfen. Doch dabei hat er die Rechnung ohne seinen Sohn gemacht, der diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen will und nun Rache schwört. Der Beginn einer Gewaltspirale, die vor (fast) niemandem Halt macht.
Zweimal hatten Ethan Hawke und Blumhouse Productions schon zusammengearbeitet, mit Sinister und The Purge – Die Säuberung zwei erfolgreiche Horrorfilme auf die Beine gestellt, die anschließend noch fortgesetzt wurden. Da liegen gewisse Erwartungen für die dritte Kooperation auf der Hand. Umso mehr, wenn Regie und Drehbuch von dem Horrorspezialisten Ti West (The House oft he Devil, V/H/S – Eine mörderische Sammlung) stammen, mit Ransone auch ein Sinister-Weggefährte wieder mit von der Partie ist. Vergleichbar sind die diversen Filme aber kaum. Statt sich erneut in teuflische Abgründe zu begeben, entschied sich West für einen Western. Und noch nicht einmal einen sehr blutigen: Der Body Count ist recht gering, die Todesszenen kurz und schmerzlos, teilweise nicht einmal sichtbar.
Wenn überhaupt ist es der brutale, überwältigende Killersoundtrack, der immer wieder auf einen einprasselt, der einen in die Horrorrichtung schubst. Ansonsten ist In A Valley of Violence ein über weite Strecken bewusst altmodischer Western, in dessen Staub sich die Fußspuren jahrzehntelanger Kollegen finden. Von der nostalgisch stimmenden Einleitung inklusiver passender Titelschrift über die altmodischen Bilder eines verlassenen Nirgendwoamerikas bis hin zur simplen Rachehandlung, das ist schon sehr klassisches Material, mit dem der Amerikaner da arbeitet. Dazu passt auch die Figur des Pauls, der eigentlich gar nicht mehr kämpfen mag, ähnlich zu Hawkes Rolle in Die glorreichen Sieben all die Gewalt hinter sich lassen will.
Zwei Punkte sind es, die In A Valley of Violence trotz seiner vielen bekannten Elemente dann aber doch zu etwas Besonderem machen. Da wäre zum einen die Besetzung. Gerade Hawke als kriegsmüder Einzelgänger, der für seinen Hund alles tun würde, Travolta als ehrwürdiger Humpel-Gesetzeshüter und Ransone als überheblicher Hanswurst machen einfach Spaß. Weniger interessant sind die beiden Schwestern Mary-Anne (Taissa Farmiga) und Ellen (Karen Gillan), die nicht viel mehr als vom Leben vergessene Cheerleader sind. Eine auf jeder Seite. Die Männer brauchen, um ihrer traurigen Existenz einen Sinn zu geben.
Traurig ist In A Valley of Violence jedoch nicht, vielmehr zwischendurch immer wieder überraschend komisch. Paul ist sicher kein Mann großer Worte, knackige Oneliner sollte hier dann auch keiner erwarten. Es sind vielmehr andere Mittel und Werke, mit denen West (schwarzen) Humor in seine Rachegeschichte bringt. Unerwartete. Teilweise sogar sehr absurde. Ganz konsequent geht er dabei aber nicht vor: Mal ist sein neuester Film eine Art John Wick im Wilden Westen, mal Parodie, mal ausgesprochen traditionell. Ein richtiges Konzept lässt sich da nicht erkennen. Dass der Film etwas versteckt auf DVD erschien, wundert nicht wirklich, umso mehr, da große Landschaftsaufnahmen fehlen. Und auch Denton gibt optisch nicht viel her, ist so klein und menschenlos, dass es fast surreal wird. Ein eigener Klassiker wird so natürlich nicht geschaffen, sollte wohl auch gar nicht. Genrefreunde sollten aber mal einen Blick riskieren auf einen Vertreter, der gleichzeitig sehr rückwärts gewandt und doch wieder anders ist. Der nichts Halbes und nichts Ganzes ist, dabei aber besser unterhält als so mancher ernster Verwandter.
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