(„Kong: Skull Island“ directed by Jordan Vogt-Roberts, 2017)
Eigentlich nimmt Bill Randa (John Goodman) und dessen Theorien, dass es auf der Erde versteckte Monstertiere gibt, schon lange niemand mehr ernst. Und doch kann man nie wissen, ob da nicht doch mehr dran ist. Vor allem nicht, wenn auch die Russen ihre Fühler ausgestreckt haben. Und so darf der Wissenschaftler als Teil einer Expedition, die von Lieutenant Colonel Packard (Samuel L. Jackson) geleitet wird und der unter anderem der Fährtenleser James Conrad (Tom Hiddleston) und die Kriegsfotografin Mason Weaver (Brie Larson) angehören, die geheimnisvolle Insel Skull Island erkunden. Schon bei der Ankunft muss die Truppe aber feststellen, dass der Ausflug kein Picknick wird, als ein haushoher Menschenaffe sie vom Himmel holt und ein Blutbad anrichtet. Und das ist nur der Anfang, denn die abgelegene und nie erforschte Insel beherbergt noch viele andere böse Überraschungen.
Es soll ja mal eine Zeit gegeben haben, da tat man beim Blockbusterkino zumindest noch so, als würde man an eigenständigen, in sich abgeschlossenen Werken arbeiten. Heute werden Fortsetzungen schon eingeplant, noch bevor der Erstling überhaupt gestartet ist. Oder noch schlimmer: Man macht einfach ein Cinematic Universe draus, in dem Einzelfilme zu einer größeren Einheit aufgeblasen werden. Marvel machte das sehr erfolgreich vor, DC Comics tut sich noch ein wenig schwer damit. Nun folgen zwei weitere, die aus der Mottenkiste ausgegraben wurden. Bevor Universal mit Die Mumie seine Monsterreihe startet, die später auch den unsichtbaren Mann und Van Helsing zu neuen Ehren verhelfen soll, ist erst einmal Legendary an der Reihe. Die haben mit Godzilla 2014 schon den ersten Stein gelegt, jetzt kommt unser aller Lieblingsaffe Kong dazu, bevor beide dann zu einem späteren Zeitpunkt aufeinandertreffen sollen. Die amerikanische Fassung zumindest, der japanische Erfolgsfilm Shin Godzilla hat damit wiederum nichts zu tun.
Doch das ist noch verwirrende Zukunftsmusik, in Kong: Skull Island geht es erst einmal kräftig zurück in die Vergangenheit. Nach einem kurzen Abstecher zum Zweiten Weltkrieg wendet sich der Film den 70ern zu und hat dabei sichtlich Spaß. Auf der Insel angekommen, ist von denen aber kaum mehr etwas zu spüren. Wie auch, wenn wir uns an einem Ort befinden, der sich seit Anbeginn der Zeit jeglicher Zivilisation verweigerte? Das gibt dem Monsterspaß etwas sehr Zeitloses, Klassisches. Ein Film, der in den 70ern, heute oder auch vor hundert Jahren spielen könnte. Aktuell so beliebte Popzitate oder Anspielungen verkniff man sich, von einem kleinen Seitenhieb auf die aktuelle Politik einmal abgesehen. Lediglich die gelegentlichen Oneliner verweisen darauf, dass wir uns hier im Jahr 2017 befinden.
Und die Technik natürlich. 190 Millionen Dollar hat das Ding gekostet, die vor allem in die gigantische Optik investiert wurden. Mit einem prächtigen Rundflug beginnt das Abenteuer, welcher uns die von der Menschheit übersehene Insel näherbringt. Riesige Bäume, Gebirge, weite Seen – Skull Island hat eine doch recht ansprechende, zuweilen exotische Vegetation zu bieten. Und weniger ansprechende Bewohner, zumindest für die Beteiligten. Nach einem trügerischen Vogelschwarm geht es gleich ans Eingemachte: Anstatt sich Kong für den Höhepunkt aufzuheben, hat er gleich zu Beginn einen großen und furchteinflößenden Auftritt, macht alles kaputt, was er auch nur irgendwie in die Pranke bekommt. Bis zum Schluss lebt Kong: Skull Island von solchen Szenen. Nicht nur der Menschenaffe ist Stoff für Alpträume, mit der Zeit kommen immer weitere Spezies hinzu. Manche sind bekannte Tierarten, nur sehr viel größer, andere sind grotesk-abstoßende Monster, für die man in der Evolution keinen Platz haben möchte.
Das macht durchaus Spaß. Wenn die kleinen Menschlein etwas gegen die überdimensionalen Viecher ankämpfen, vor allem aber wenn die Ungeheuer aufeinander losgelassen werden. Und das passiert des Öfteren. Zum Glück. Nicht nur dass diese Szenen dank der neuesten Tricktechnik fantastisch aussehen, die Duelle der Kolosse einen ehrfürchtig im Kinosessel zurücklassen, sie werten auch einen Film auf, der ansonsten recht leblos ist, nicht viel zu sagen hat. Dass ein Monsterspektakel inhaltlich nicht allzu ambitioniert sein würde, das dürfte jedem schon vorher klar gewesen sein. Auch die grundsätzliche Vorhersehbarkeit lässt man sich gefallen. Schlimm ist jedoch, dass die meiste Zeit über die Leute der Expedition zu sehen sind. Denn das macht recht wenig Spaß.
Dabei hat der Film ein unglaublich namhaftes Ensemble versammelt, das alleine schon ins Kino lockt. Aber selbst gestandene, immer wieder gern gesehene Darsteller wie Tom Hiddleston oder Oscarpreisträgerin Brie Larson (Raum) schaffen es nicht, den nichtssagenden Figuren etwas ansatzweise Interessantes zu entlocken. Samuel L. Jackson spielt ohnehin mal wieder nur seine übliche Standardrolle, die man mögen kann, inzwischen aber doch reichlich abgenutzt ist. Unterhaltsamer ist da schon John Goodman als verrückter Wissenschaftler. Vor allem aber John C. Reilly, der erst später zur Truppe hinzustößt, hat seine Glanzmomente. Seine Rolle ist zwar nicht viel mehr als eine Witzfigur, aber das ist mehr, als man von dem Rest der blassen Charaktere sagen kann. Soldaten wie Jack Chapman (Toby Kebbell) oder Reg Slivko (Thomas Mann) werden so aufgebaut, als hätten sie eine Bedeutung, die am Ende aber ausbleibt. Tian Jing darf als junge Biologin wohl auch nur deshalb dabei sein, damit der Film in China bessere Chancen hat.
Und diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Skull Island wird von einer Vielzahl an Menschen überrannt, von denen man oftmals nicht sagen kann, wer sie eigentlich sind. Die keine echte Funktion im Film haben. Von denen man nicht einmal die Namen weiß. Für Monsterfutter mag das reichen: Viele werden auf grausige oder auch humorvolle Weise ihr Leben auf der Insel lassen. Problematisch wird es jedoch, wenn einem das Schicksal der Figuren völlig egal ist. Denn das ist hier der Fall. Sie können leben, sie können sterben, aus Zuschauersicht ist das einerlei. Und das ist für die Spannungskurve wenig förderlich, die bei gut zwei Stunden nicht bis zum Schluss durchhält. Man entwickelt auch nie wirklich ein Gespür dafür, wie viele Leute da eigentlich unterwegs sind, da sie mal auftauchen, dann wieder nicht. Auch keines, wie groß die Insel denn nun ist, die hin und wieder als gigantisch dargestellt wird, an anderer Stelle aber irgendwie doch recht überschaubar wirkt. All das kann einem das Vergnügen nicht ernsthaft nehmen, dafür nimmt sich der mit dem Trash flirtende Film selbst nicht ernst genug. Das ganz große Abenteuer ist der Reboot jedoch auch nicht, dafür wurde hier zu viel am Reißbrett leichtfertig verschwendet, zu sehr auf Nummer sicher gegangen.
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