(„Looking – Season 2“ directed by Andrew Haigh, Ryan Fleck, Jamie Babbit, Craig Johnson, 2015)
Ein Wochenende mal wieder nur zu dritt, das haben sich die drei Freunde Patrick (Jonathan Groff), Agustín (Frankie J. Alvarez) und Dom (Murray Bartlet) verdient nach den vielen Turbulenzen zuletzt. Patricks Beziehung zu Richie (Raúl Castillo) ist in die Brüche gegangen, während er eine Affäre mit seinem vergebenen Chef Kevin (Russell Tovey) hat. Agustín ist ohne Job und Perspektive, dafür mit einer Menge Alkohol- und Drogenproblemen. Und auch bei Dom läuft es nicht so recht, sein Traum von seinem eigenen Restaurant kommt nicht voran, sein neuer Partner Lynn (Scott Bakula) hält nichts von einer zu engen Bindung. Dann kommt aber doch wieder alles anders, als das Trio in der fernen Natur alte und neue Bekannte trifft, alles danach noch ein klein wenig chaotischer wird.
Mehr als zwei Jahre haben Fans der Serie Looking warten müssen, bis es endlich mit der schwulen Odyssee durch San Francisco weiterging. Aus gutem Grund: Nach enttäuschenden Einschaltquoten zog HBO die Reißleine, nach der zweiten Staffel war Schluss. Lange sah es so aus, als würde die dann auch gar nicht mehr hierzulande erscheinen, bis dann doch die erlösende Nachricht kam, dass die komplette Serie und der abschließende Film fürs Heimkino veröffentlicht wird. Kritiker der ersten Staffel fanden sich natürlich in dem frühen Aus bestätigt: Viele bemängelten, dass in Looking einfach nicht genug passierte. Dass es dem Drama an Drama mangelte, der Komödie an Gags.
Daran wird die zweite Staffel nicht viel geändert haben, da Serienschöpfer Michael Lannan und Andrew Haigh, der erneut bei fünf Episoden Regie führte, an ihrem Konzept festhielten. Und das ist – aller Nörgeleien zum Trotz – ein Glück. Denn anders als bei so vielen Werken aus dem LGBT-Bereich suchte man sein Heil nicht in übertriebenem Melodram oder schrillen Einlagen. Das soll nicht bedeuten, dass Looking völlig frei von Klischees und ein bisschen Glitter wäre. Eine etwas andere Halloween-Party sowie die Naturparty zu Beginn der Staffel destillieren so ziemlich alles heraus, was man Homosexuellen nachsagt. In jedem Bereich: Musik, Kostüme, sexuelle Ungezügeltheit bis hin zu den typischen Schwulen-Rastern. Auch obligatorische Themen wie offene Beziehungen sowie AIDS werden brav abgearbeitet.
Ansonsten aber ist die Serie nach wie vor bemerkenswert universell. So wie Regisseur Haigh zuletzt im preisgekrönten 45 Years geradezu beiläufig ein altes Ehepaar zeigte, so taucht er hier in den Alltag der drei schwulen Freunde ein. Erzählt Geschichten, die so allgemeingültig sind, dass sie beinahe schon banal wirken. Witze, die aus dem Bekannten erstehen, nicht der Überraschung. Beispiele von Unsicherheiten, falschen Abhängigkeiten, verpassten Chancen, fehlendem Mut. All den Dingen, die das Publikum aus dem eigenen Leben kennen dürfte, wo es ja fast nie so läuft, wie man es gern hätte. Wären hier nicht, wie so oft bei amerikanischen Serien, nahezu alle Figuren unverschämt attraktiv, man würde gar nicht auf die Idee kommen, es mit einer fiktiven Serie zu tun zu haben.
Für optische Abwechslung sorgen hierbei Lauren Weedman, die in der Rolle von Doms bester und freischnäuziger Freundin Doris als einzige Frau im wunderbar authentisch spielenden Ensemble nun viel mehr ins Geschehen rückt. Sie sorgt ebenso für ein wenig Witz wie es Eddie (Daniel Franzese) tut, der als HIV-positiver und übergewichtiger Bär so gar nicht in das Poster-Beuteschema passt. Nie um einen Spruch verlegen, souverän bis zuletzt, zeigt er später in einer der stärksten Szenen eine zu Herzen gehende Verletzlichkeit. Schöne, traurige, ärgerliche Momente gibt es dann auch zuhauf. Mögen muss die Chaoten nicht unbedingt. Auch wenn es hier nie so genüsslich böse wie bei der anderen großen LGBT-Serie Cucumber wird, es auch an vergleichbar messerscharfen Dialogen mangelt, Looking gönnt sich den Luxus, nahezu jeden hier als emotional geschädigtes Wrack zu zeigen. Gerade der zwischen Hysterie und Unschlüssigkeit schwankende Patrick hält das Tempo teilweise so niedrig, dass man ihn einmal kräftig durchschütteln möchte. Oder auch mehrfach. Und doch fällt es nicht schwer hier mitzufühlen, wenn sich alle gegenseitig im Weg stehen, aus Angst, sozialer Inkompetenz oder Nachlässigkeit sich und anderen das Leben schwer machen. Ihnen die Daumen zu drücken, während sie mal alleine, dann wieder zusammen auf der Suche sind, ohne immer genau zu wissen wonach.
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