(„The Book of Gabrielle“ directed by Lisa Gornick, 2016)
Es ist ein echtes Wunschprojekt, an dem Gabrielle (Lisa Gornick) da arbeitet: „How To Do It“, ein Handbuch zum Thema Sex, das mit selbst angefertigten erotischen Illustrationen aufgepeppt werden soll. Während die Verleger eher skeptisch sind, ob ein solches Buch ein Publikum findet, hat die Autorin aber doch zumindest einen Fan: Saul (Allan Corduner). Der ist selbst Schriftsteller und fasziniert von der freizügigen Kollegin. Während die beiden in Gesprächen die verschiedensten Formen von Sexualität besprechen, sieht es privat eher düster bei Gabrielle aus. Die Beziehung zur deutlich jüngeren Olivia (Anna Koval) war von Anfang an nicht ganz einfach. Doch je weiter das Projekt voranschreitet, umso stärker leidet sie unter Gabrielles mangelnder Aufmerksamkeit.
„Sex sells“, heißt es ja oft. Tut er aber nicht. Zumindest nicht, wenn es nach einer Verlegerin in The Book of Gabrielle geht. Und auch bei dem Film selbst ist die Frage berechtigt, ob es ein echtes Zielpublikum dafür gibt. Denn immer wieder drängt sich hier der Eindruck auf, dass es Lisa Gornick in erster Linie um sich selbst ging. Regie hat sie geführt, das Drehbuch geschrieben, die Hauptrolle übernommen. Selbst die Illustrationen stammen von der Engländerin. Und so schön es ist, wenn Künstler ambitioniert zur Sache gehen, wirklich etwas sagen wollen, am Ende kommt es dann eben doch auch auf das „wie“ an.
Erstaunlich ist beispielsweise, wie wenig sinnlich ein Film sein kann, der in erster Linie von Sex sprechen möchte. Die Beziehung zwischen Gabrielle und Olivia steht von Anfang an im Schatten des literarischen Sendungsbewusstseins, spielt später überhaupt keine Rolle mehr. Kleinere Signale von den anderen Figuren erfolgen zwar, ohne dass sich Gornick aber groß dafür interessieren würde – weder als Filmemacherin, noch als fiktives Alter Ego. Anstatt sich auf diese Gefühls- oder Körperebene einzulassen, wird alles auf eine Metaebene gehoben. Sprich: The Book of Gabrielle ist über weite Strecken ein reiner Dialogfilm, der sich dem Thema Sex von der rein intellektuellen Ebene aus annähert.
Auch das könnte interessant sein, ist es teilweise auch. Dass die bekennende Lesbe an einer Stelle homosexuelle Erfahrungen und Judentum miteinander verbindet, das ist doch zumindest mal ein ungewohnter Ansatz. Allerdings einer, der eher kurios als fruchtbar ist. Denn zu echten Schlüssen kann sich The Book of Gabrielle nicht durchringen. Vielmehr streift der Film mal das eine Thema, mal das andere, berichtet von Beziehungen unterschiedlichen Alters, um später auch bei Sadomasochismus zu landen. Ein wirkliches Ziel ist dabei nicht zu erkennen, so sprunghaft wie das Handbuch ist auch der fiktive Überbau.
Wäre The Book of Gabrielle als Essay angelegt oder als Dokumentation à la Make Love, man hätte das Ergebnis durchaus annehmen können. So aber tarnt sich hier etwas als Film, was eigentlich keiner ist. Das ist gut gespielt, zum Teil zumindest, sowohl Gornick wie auch Koval agieren wunderbar natürlich vor der Kamera. Corduner hingegen weniger, der wirkt eher einer Talkrunde entnommen als dem Leben da draußen. Und das ist es auch, was dem Film insgesamt fehlt: Leben. Hier ist alles so analytisch, so losgelöst, dass man nur schwer andocken kann. Am ehesten funktioniert das Ganze noch als Denkanstoß. Dafür bleibt der Film jedoch wieder zu sehr an der Oberfläche. Was bleibt ist ein etwas unbefriedigender Mittelweg, der unterwegs zu wenig findet, um die gesamten 80 Minuten lohnenswert zu machen.
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