(„The 9th Life Of Louis Drax“ directed by Alexandre Aja, 2016)
Ein Glückspilz ist Louis Drax (Aiden Longworth) sicher nicht. Man könnte höchstens vom Glück im Unglück sprechen, dass er trotz seiner vielen Unfälle noch lebt. Zumal die von Jahr zu Jahr auch schwerer zu werden scheinen. Doch so schlimm wie dieses Mal war es noch nie: Als er mit seiner Mutter Natalie (Sarah Gadon) und seinem Vater Peter (Aaron Paul) ans Meer fährt, um dort bei einem Picknick seinen Geburtstag zu feiern, stürzt Louis stürzt die Klippen herab und liegt nun im Koma. Ein schrecklicher Unfall. Oder vielleicht doch nicht? Sein behandelnder Arzt Dr. Allan Pascal (Jamie Dornan) ist angesichts der Vorgeschichte misstrauisch. Vor allem der spurlos verschwundene Vater erscheint ihm sehr verdächtig.
Wo Alexandre Aja draufsteht, da ist auch Alexandre Aja drin. Oder vielleicht auch nicht. Eigentlich kennt man den Franzosen ja für die etwas härteren Stoffe. Ob er nun Regie führt (Horns), das Drehbuch schreibt (Alexandre Ajas Maniac) oder nur produziert (The Pyramid: Grab des Grauens), das Horrorgenre ist sein Zuhause. Oder war es zumindest, bis er sich Liz Jensens gleichnamigem Bestselleroman annahm und dabei wohl etwas stärker auf den Mainstream schielte. Das soll nicht heißen, dass er dem Fantastischen den Rücken gekehrt hätte. Elemente davon finden sich hier. Und zumindest an einer Stelle nähert er sich auch dem bekannten Grauen an. Es bleibt jedoch bei einer Annäherung.
Von allem ein bisschen, von nichts aber so richtig
Stattdessen ist der Film eigentlich ein Familien-Drama. Oder vielleicht doch ein Thriller? Man könnte auch Krimi dazu sagen, schließlich wird hier Spuren vergangener Taten nachgegangen. Und dem Vater, der verschwunden ist. Das ist dann auch eines der Probleme der Romanadaption: Der Zuschauer weiß hier oft nicht so recht, was das denn nun sein soll. Worauf der Film hinaus will. Manchmal meint man, einen Jugend-Fantasyfilm im Stil von Pans Labyrinth oder Sieben Minuten nach Mitternacht vor sich zu haben. Denn auch hier wandern seltsame Wesen umher, werden Mittel des Märchens genommen, um das Seelenleben des jungen Protagonisten zu verdeutlichen.
Bemerkenswert dabei: Anders als sonst ist Louis alles andere als ein Sympathieträger. Er ist vorlaut, manchmal gar unverschämt, zeigt zuweilen auch sadistische Züge. Trotz seiner an und für sich tragischen Geschichte fällt es daher schwer, Mitleid für ihn zu empfinden. Und auch das Schicksal der anderen geht einem nicht so wirklich nahe. Dafür bleiben die von Sarah Gadon (11.22.63, Enemy) und Jamie Dornan (Fifty Shades of Grey) verkörperten Figuren zu blass. Etwas besser macht es Barbara Hershey (Insidious), die als sorgenvolle Großmutter für ein bisschen Charakter sorgt, jedoch nur einen Kurzauftritt hat. Am eindrücklichsten noch Aaron Paul (Eye in the Sky) auf, der als liebevoller Vater Kante zeigen darf. Das alleine macht die Geschichte aber nicht bewegend.
Nicht bewegend, nicht wirklich spannend
Gleichzeitig mangelt es dem Film aber auch an Spannung. Auch das ist teilweise durch die fremdelnden Figuren bestimmt: Wenn Charaktere nicht interessant sind, lädt das nicht unbedingt dazu ein, mit ihnen mitzufiebern. Problematisch ist darüber hinaus, dass der Twist der Geschichte trotz der ständig wechselnden Zeitebenen viel zu früh schon offensichtlich ist. Wer zumindest ein bisschen was für das Genre übrig hat, der wird schnell ahnen, worauf das alles hinausläuft und sich darüber wundern, warum die Protagonisten nichts verstehen. Aber vielleicht sind sie ja auch zu sehr mit dem Versuch beschäftigt, nicht ständig über die Logiklöcher zu stolpern, die man hier überall findet. Und das ist schade, denn irgendwo verborgen in dem Film ist eine Geschichte, die einem eigentlich zu Herzen gehen sollte. Und einige schöne Bilder hat uns Aja auch mitgebracht: vom Meer, vom Krankenhaus, von den Fantasien des Jungen. Das reicht zusammen mit den anderen positiven Elementen zwar, um bis zum Schluss dranzubleiben. Mehr aber auch nicht.
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