(„Jack Reacher: Never Go Back“ directed by Edward Zwick, 2016)
Mit „Red“ fing es an: Der Heldentypus der späten 80er und frühen 90er Jahre kehrte etwas in die Jahre gekommen, dafür aber umso schlagkräftiger zurück. Kompromisslose, starke Männer brachten damals die Welt zahlreicher Actionthriller in Ordnung und werden jetzt umso dringender gebraucht. Das Publikum sehnt sich offenbar nach Gewalt in Tateinheit mit einem untrüglichen Gespür für Gerechtigkeit – Gentlemen-Killer John Wick profitierte von dieser Sehnsucht und hauchte der Actionkarriere von Keanu Reeaves 2014 neues Leben ein (John Wick). Schon zwei Jahre zuvor wagte Tom Cruise (Mission: Impossible – Rogue Nation) als Kenner der Actionmaterie ein Comeback, für das er bei Genre-Fans gefeiert, vom Großteil der Presse aber belächelt wurde.
Geradlinig und schnörkellos
Ex-Militärermittler Jack Reacher, in den Romanvorlagen von Bestseller-Autor Lee Child bereits Held zahlreicher Krimifans, tat sich mit seinem zweiten Fall an der Kinokasse ebenfalls schwer, obwohl Regisseur Ed Zwick (Bauernopfer – Spiel der Könige) die Schwächen des ersten Teils konsequent ausmerzte. Eine geradlinigen, schnörkellosen Geschichte ist dabei entstanden, passend zur Psyche des Helden. Der rastlos umherziehende Rächer sorgt dort für Gerechtigkeit, wo die justizialen Methoden zu langsam oder nicht durchschlagend genug sind. Nachdem im ersten Teil viel Zeit darauf verwendet wurde, den Mythos Jack Reacher aufzubauen („Wer ist Jack Reacher?“) entledigt sich der „Blood Diamond“-Regisseur dieser Bürde, lässt Reachers Nachfolgerin im Amt Major Turner (Cobie Smulders) kurz Reachers Lebenslauf referieren, was den angenehmen Nebeneffekt hat, auf den ersten Teil verzichten zu können.
Major Turner also ist dankbar für jeden Tipp und jede Freihauslieferung korrupter MPs. Sie teilt Reachers Spür- und Gerechtigkeitssinn, sodass es nicht lange dauert, bis auch sie auf der Abschussliste führender Militärs steht. Eine Anklage wegen Spionage und einen Killer (Patrick Heusinger) auf den Fersen beschließt sie mit Reachers Hilfe, dass es Zeit ist, nicht mehr Beute sondern Jäger zu sein. Erfrischend, dass der How I Met Your Mother-Star die Rolle emanzipiert, clever und durchsetzungsstark verkörpert. Ganz im Gegensatz zur weiblichen Protagonisten des ersten Teils: Anwältin Helen Rodin (Rosamund Pike) musste sich von Reacher mehr als einmal aus der Patsche helfen lassen. Für einen weiteren, weiblichen Kontrast sorgt Sam, Reachers vermeintliche Tochter (Danika Yarosh), deren Auftauchen zwar reichlich konstruiert wirkt, das Einsamer-Wolf-Klischee aber angenehm abschwächt. Sam ist selbst eine Einzelgängerin, ist aber gezwungen sich Reacher und Turner anzuschließen, als der Killer sie als Druckmittel einzusetzen versucht.
Bewährter Actionthriller nach alter Schule
Nach spektakulären Verfolgungsjagden durch Washington D.C. und den farbenprächtigen Karneval von New Orleans ist es aber einzig Reachers Hartnäckigkeit und seinem Durchhaltevermögen geschuldet, dass der Fall zu einem glücklichen Abschluss gelangt – jedoch nicht ohne Reacher in genügend Kampf- und Actionszenen verwickelt zu haben, deren Stunts, wie Cruise nicht müde wird zu betonen, zu einem großen Teil von ihm höchstpersönlich ausgeführt wurden. Jack Reacher: Kein Weg zurück sieht aus und fühlt sich sehr nach anfangs erwähnten Actionthriller der 90er Jahre an, was bereits bei Teil 1 versucht wurde, ist damit recht gut geglückt. Peinliche Machoszenen wie die Provokation durch ein paar Halbstarke in der Barszene und der unvermeidliche Einer-gegen-Hundert-Showdown wurden dieses Mal größtenteils vermieden. Das Bonusmaterial der Blu-ray ist mit sechs Featurettes nicht aufsehenerregend üppig, die Clips ermöglichen aber einen netten Blick auf die Dreharbeiten in Louisiana, geben Aufschluss über die Idee zum neuen Film und beleuchten natürlich die Entstehung der viel erwähnten Stuntszenen.
(Anzeige)