(„Lupin III“ directed by Sōji Yoshikawa, 1978)
Lupin III soll tot sein? Unmöglich! Inspektor Zenigata ist es völlig egal, was andere sagen. Was die Gerichtsmedizin sagt. Wenn es um seinen Erzfeind geht, da glaubt der Polizist erst einmal nichts und niemandem. Als er sich aufmacht zum Schloss Dracula, wo die Leiche des Meisterdiebs liegen soll, stellt er fest, dass seine Vorbehalte tatsächlich auch berechtigt waren. Eine Leiche gibt es. Doch die dient nur der Ablenkung für den echten Lupin und dessen Kompagnons Jigen und Goemon, aus dem Schloss zu fliehen. Das Ziel ist Ägypten, wo der angeblich mit großen Kräften ausgestattete Stein der Weisen schon auf die Diebe wartet. Und auf Fujiko, die ebenfalls Interesse an dem wertvollen Artefakt hat. Schließlich hat sie einen geheimnisvollen Kunden, der unbedingt diesen Stein haben will.
Aller Anfang ist schwer, selbst für einen Meisterdieb. Während die ab 1967 veröffentliche Mangareihe von Monkey Punch durchaus Popularität genoss, wollte das mit den Adaptionen irgendwie nicht so recht klappen. Die erste Serie von 1971 fand erst keinen Investor, anschließend keine Zuschauer. Die Realverfilmung von 1974 (Strange Psychokinetic Strategy) kennen selbst viele Fans nicht. Da erging es The Mystery of Mamo ein bisschen besser, der ersten Anime-Kinoversion des Stoffes. Nur hatte die das Pech, das ein Jahr drauf mit Das Schloss von Cagliostro ein weiterer Film erschien. Und nicht irgendein Film. Bei dem Anime handelte es sich um das Spielfilmdebüt von Hayao Miyazaki, der später mit Studio Ghibli Geschichte schreiben sollte. Während seine Version der Mangafigur heute selbst Klassikerstatus genießt, gilt der „Vorgänger“ als eine der schwächeren Interpretationen.
Vorzeigbare und abwechslungsreiche Bilder
Dabei hat der Film durchaus seine Vorzüge. Die Optik beispielsweise. 500 Millionen Yen soll der Streifen gekostet haben, was damals durchaus mit Budgets von Realfilmen konkurrieren konnte. Und gerade im Vergleich zu der wenig ansehnlichen ersten Serie ist dem Animationsstudio Tôkyô Movie Shinsha (Chie the Brat, Detektiv Conan – 1. Film: Der tickende Wolkenkratzer) hier auch etwas tatsächlich Sehenswertes geglückt. Immer wieder gibt es äußerst atmosphärische Momente, etwa beim Besuch eines Friedhofs. Gibt es kleine Spielereien wie mit den Scheinwerfen eines Motorrads. Über mangelnde Abwechslung kann man sich eh nicht beklagen, gefühlt wird alle paar Minuten der Schauplatz gewechselt.
Letzteres ist jedoch auch das Problem von The Mystery of Mamo: Einen roten Faden wird man hier weit und breit vergeblich suchen. Kenner dürfte das nicht überraschen, wenn sie einen Blick auf die Credits werfen. Dort taucht beim Drehbuch nämlich nicht nur Regisseur Sōji Yoshikawa auf, sondern auch Atsushi Yamatoya. Der wiederum hatte zuvor einige Erotikfilme inszeniert sowie das Drehbuch für den grotesken Yakuza-Klassiker Branded to Kill geschrieben. Beide Einflüsse finden sich dann auch hier. Fujiko, ewige Femme Fatale und Achillesferse von Lupin III, darf gleich zu Beginn sämtliche Klamotten fallen lassen. Die Geschichte anschließend jegliche Ambitionen auf Kohärenz. Wie ein Fiebertraum wirkt der Anime manchmal, ordnet Szene an Szene an, ohne dass es einen logischen Übergang gäbe.
Zwischen Faszination und Frustration
Das kann manchmal recht faszinierend sein, gerade auch während der späteren äußerst surrealen Szenen. Oder aber frustrierend. Zumindest für all die Zuschauer, die von einer Geschichte auch eine Geschichte erwarten. Vor allem, wenn diese rund 105 Minuten dauert. Zwischendurch hätte man massig viel herausschneiden können, ohne dass es dem Fluss oder der Verständlichkeit geschadet hätte – nie ein gutes Zeichen. Es ist aber nicht nur die Menge an zusammenhangslosen Momenten, die The Mystery of Mamo zu schaffen macht. Es ist auch deren Unterschiedlichkeit. Manchmal wähnt man sich in einem Horrorfilm, später kommen absurde Science-Fiction-Elemente dazu, dazu gibt es die klassische Mischung aus Krimi und Humor. Eine Hubschrauber-Verfolgungsjagd in einer Kanalisation, wer kommt denn auf so eine Idee? Das hat natürlich einen vorzeigbaren Unterhaltungswert, gerade wenn man seine Filme gern etwas over the top mag. Ein James Bond im Animeformat. Wie schon bei der Serie will dieses Nebeneinander von düster und albern aber nicht so recht funktionieren. Nur selten hat man das Gefühl, hier einen Film zu sehen, der diese Bezeichnung auch verdient. Zum Pflichtprogramm wird man diese Kinoversion daher sicher nicht zählen, zumal deutsche Lupin-Fans ohnehin mal wieder auf einen Import angewiesen wären. Sammler – vor allem solche mit einem Faible fürs Bizarre – dürfen sich dagegen freuen, dass der US-Release relativ günstig zu bekommen ist und man so eine kleine Geschichtsstunde für wenig Geld erhält.
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