(„Sword Art Online – Ordinal Scale“ directed by Tomohiko Itō, 2017)
Zwei Jahre sind vergangen, seitdem der in dem Virtual-Reality-Spiel „Sword Art Online“ gefangene Kirito sich und seine geliebte Asuna hat befreien können. Inzwischen interessiert sich jedoch kaum einer mehr für das Game, stattdessen ist Augmented Reality der letzte Schrei. Anstatt komplett in fremde Welten abzutauchen, wird die reale mithilfe der Technik in eine Fantasy-Version verwandelt. Kirito hat damit so seine Probleme, nicht zuletzt, weil sich die Kämpfer nun selbst bewegen müssen und nicht nur eine Computerfigur. Aber das ist nicht die einzige Schwierigkeit, die auftritt: Immer wieder werden die Spieler von riesigen Bestien angegriffen, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Außerdem scheinen immer mehr Leute ihre Erinnerung zu verlieren. Aber weshalb? Handelt es sich dabei um einen technischen Defekt oder steckt da mehr dahinter?
Animes in deutschen Kinos waren in den letzten Jahren eine ziemliche Seltenheit geworden, nachdem sich Studio Ghibli aus dem aktuellen Geschäft verabschiedet hat und man sich schwer tut, einen entsprechenden Ersatz zu finden. Doch es tut sich wieder was. Neben speziellen Events, in denen unter anderem One Piece: Gold oder Boruto: Naruto the Movie zu sehen waren, gibt es zaghafte Versuche regulärer Kinostarts. Anders aber als Miss Hokusai im letzten Jahr kann Sword Art Online – Ordinal Scale dabei weniger auf die Unterstützung des Feuilletons hoffen. Will man wohl aber auch gar nicht. Nicht die Freunde des ruhigen Arthaus-Kinos will der Anime sprechen, sondern überzeugte Fans. Fans, die schon die Serie Sword Art Online gesehen haben, vielleicht auch die zugrundeliegenden Light Novels von Reki Kawahara kennen.
Aller Einstieg ist schwer
Der ist übrigens auch an dem Film beteiligt, entwarf das neue Szenario, schrieb das Drehbuch zusammen mit Regisseur Tomohiko Itō (Erased, Silver Spoon). An Unkundige verschwendete er dabei nur wenig Gedanken. Eine kleinere Einführung gibt es zu Beginn zwar. Trotzdem dürften Neuzugänge hier erst einmal wenig verstehen. Wo ist der Unterschied zwischen „Sword Art Online“ und „Ordinal Scale“? Und wer sind diese ganzen Figuren? Während die erste Frage mit der Zeit doch noch eine Antwort findet, sieht es mit der zweiten eher schlecht aus. Dass Kirito und Asuna ein Paar sind, das sich während der virtuellen Abenteuer kennen und lieben gelernt hat, ist klar. Vielmehr erfahren wir aber nicht. Müssen wir aber wohl auch nicht.
Dieser Romanze wird erstaunlich viel Platz eingeräumt. So wichtig die Kämpfe gegen die Monster auch sind, die Nachforschungen zu den seltsamen Ereignissen, am Ende geht es doch vor allem um Gefühle. Um Opfer. Um Erinnerungen. Ganz entfernt erinnert Ordinal Scale an der Stelle an den Klassiker Ghost in the Shell, wo ebenfalls die persönliche Bedeutung von Erinnerungen thematisiert wird. Die Frage, was wir mit ihnen, was wir ohne sie sind. Ganz so philosophisch wie dort wird es hier jedoch nicht. Wenn hier Figuren nachdenken, dann eher für den Hausgebrauch, weniger für existenzielle Diskussionen.
Optik hui, Inhalt … geht so
Auch sonst ist der Film inhaltlich ein wenig schwach auf der Brust. Zwar schmuggeln sich leichte Anflüge von Gesellschaftskritik hinein, wenn die blinde Technikbegeisterung und der damit einhergehende Realitätsverlust zumindest hinterfragt wird. Aber es bleiben eben nur Anflüge. So wie die meisten Gedanken hier nicht konsequent zu Ende verfolgt werden, mittendrin einfach abbrechen. Vor allem beim Finale ließ dann wohl auch das Interesse nach, vieles ergibt hier keinen Sinn mehr. Nicht der Ablauf. Nicht die Motivationen. Das Gehirn hat dann Sendepause, Herz und Auge sollen angesprochen werden.
Wobei Letzteres schon vorher gut beschäftigt war. Das Animationsstudio A-1 Pictures (The Perfect Insider, The Anthem of the Heart), welches schon die beiden Staffeln der Serie umgesetzt hatte, verwöhnt die Zuschauer mit geradezu fotorealistischen Hintergründen. Gerade auch der Wechsel von der Realität zu der Fantasievariante ist geglückt, so nah waren Alltag und Abenteuer nur selten beieinander. Auch bei den Kämpfen wurde nicht an Effekten gespart. Sonderlich lange gehen die zwar nie, sehenswert sind sie jedoch. Wer Animationsfilme auch mal nur der Optik wegen schaut, der darf deshalb gern ein Kinoticket lösen. Für Fans der Serie ist der Start ohnehin Pflichttermin, selbst wenn es beim eher seichten Film erneut nur fürs solide Mittelfeld reicht.
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