(„Jökullinn logar“ directed by Saevar Gudmundsson, 2016)
Es war die vielleicht größte Sport-Sensation der letzten Jahre. Als Außenseiter-Team belächelt, schaffte es die isländische Fußballnationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2016 bis ins Viertelfinale vorzustoßen. Die Nordmänner wurden Helden einer Nation und Fanlieblinge weit über ihre eigenen Landesgrenzen hinaus. War es nun wegen dem beherzten Auftreten der Mannschaft, wegen der emotionalen Ausbrüche eines einheimischen Kommentators oder wegen ihrem schnell zum Kult gewordenen Wikinger-Jubel – das Land, in dem gerade einmal knapp 338.000 Einwohner leben, war das Gesprächsthema in ganz Europa. Doch wie kam es zu dieser Sensation? Wie ein Vulkan – Der Aufstieg des isländischen Fußballs hat das Team von der Vulkaninsel während der Qualifikation begleitet.
Interessanter Blick auf eine Erfolgsstory
Dabei werden die einzelnen Spiele chronologisch aufgearbeitet und die jeweiligen Highlights aus den Partien mit schönen Kameraaufnahmen oftmals in Zeitlupe und zusammen mit dem Original-Kommentar rekapituliert. An dieser Stelle sei schon einmal gesagt, dass diese Doku nichts für Leute ist, die nicht gerne Untertitel lesen. Dies ist hier nämlich unabdinglich, da lediglich eine englisch-isländische Tonspur vorhanden ist. Wer sich hiervon jedoch nicht abschrecken lässt, der wird mit einem interessanten Blick hinter die Kulissen einer Erfolgsstory belohnt. Wie es von so einem Film zu erwarten ist, werden viele Szenen der Mannschaft gezeigt, die man so normalerweise niemals zu Gesicht bekommen würde. Team-Meetings vor einem Spiel, Herumblödeleien im Mannschaftsbus oder Regeneration bei der Physiotherapie – der Zuschauer ist bei all dem dabei.
Doch Regisseur Saevar Gudmundsson geht noch weiter und zeigt sehr viel intimere Einblicke als die eben beschriebenen. Einmal werden ein Spieler und ein Mitglied des Trainerstabs bei ihren Hauptjobs besucht, und so findet man sich auf einmal in einer Zahnarztpraxis oder mitten in den Aufnahmen für einen Werbefilm wieder. Genau das sind die Momente, die verdeutlichen wie absurd das ganze Geschehen eigentlich war. Die Fußballer werden jedoch auch beim Gassi gehen oder beim Spielen mit dem Nachwuchs gezeigt. Alles ist sehr persönlich, und beim Betrachten hat man nicht das Gefühl, große Fußballstars zu sehen – die sie zu diesem Zeitpunkt in ihrem Land bereits waren – sondern ganz normale Menschen ohne Allüren. Und genau diese Menschen werden dann noch einmal genauer beleuchtet. Viele Spieler bekommen die Gelegenheit, von der Zeit zu erzählen, als sie selber mit dem Fußballspielen angefangen haben. Gezeigt werden dazu von den Eltern aufgenommene Videos aus der damaligen Zeit. Mal von den Spielen, und mal von einem Weihnachtsfest zu Hause – alles ganz persönlich eben.
Eine kleine Perle für Sportfans
Doch Gudmundsson holt noch weiter aus und zeigt, wie sich der isländische Fußball im Allgemeinen verändert. Ganz besonders deutlich wird dies bei der Nachwuchsförderung und dem Bau von Indoor-Fußballplätzen. Wer sich für diesen Sport begeistern kann, für den ist diese Dokumentation eine kleine Perle. Doch auch alle anderen können an Wie ein Vulkan ihre Freude haben. Denn auch wenn sich die Geschichte einer Mannschaft, die von ganz unten kommt, nach einer anhört, wie man sie bereits in unzähligen, zumeist mittelmäßigen, Sportfilmen gesehen hat, so entfaltet sie hier dennoch ihre ganze faszinierende Wirkung – weil sie wahr ist. Und der Spaß, den die Spieler während der ganzen Zeit haben, steckt den Betrachter unvermittelt an. Der einzige Wermutstropfen ist, dass hier wirklich nur die EM-Qualifikation beleuchtet wird. Vom tatsächlichen Turnier danach, wo alle im Film zuvor gezeigten Emotionen noch einmal um ein Vielfaches intensiver vorgekommen sein dürften, bekommt der Zuschauer leider gar nichts zu sehen. Betrachtet man aber lediglich das, was auch tatsächlich gezeigt wird, so gibt es am Film kaum etwas auszusetzen.
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