(„Arthur Christmas“ directed by Sarah Smith, Barry Cook, 2011)
Beim Weihnachtsmann ist auch nichts mehr so, wie es einmal war. Zumindest nicht hinter den Kulissen. Von Hand geschriebene Listen? Schlitten? Rentiere? All das war einmal, der Weihnachtsmann von heute fliegt mit einem riesigen Luftschiff umher. Und auch bei der Verteilung der Geschenke wird, unterstützt von viel Technik, vor allem auf Effizienz geachtet. Treibende Kraft dahinter ist der ältere Sohn des Weihnachtsmanns, Steven, der nur auf seine Chance wartet, das Geschäft selbst zu unternehmen. Dessen jüngerer Bruder Arthur ist das genaue Gegenteil: tollpatschig, altmodisch, verträumt. Als Steven während seiner Weihnachtsmission jedoch ein Kind übersieht, ist es Arthur, der zusammen mit seinem Großvater auszieht, um die kleine Gwen doch noch glücklich zu machen – auf die herkömmliche Weise.
Als Arthur Weihnachtsmann 2011 in die Kinos kam, war dies für Sony Pictures Animation ziemliches Neuland. Nachdem sie zuvor mal mehr, mal weniger erfolgreich eigene Animationsfilme produziert hatten – zuletzt auch den grottigen Realfilm-Zwitter Die Schlümpfe – war der weihnachtliche Ausflug die erste Zusammenarbeit mit dem britischen Studio Aardman Animations. Die kannte man in erste Linie für ihre wunderbar skurrilen Stop-Motion-Filme wie Chicken Run – Hennen rennen und Wallace & Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen. Aber schon mit Flutsch und weg hatten die Meister der altmodischen Technik bewiesen, dass sie gerne auch im computergenerierten Geschäft mitmischen wollen.
Absurdität + Kontraste = großer Spaß
Dass ausgerechnet Aardman einen CGI-Film darüber macht, wie Tradition und modernste Technik zusammenfinden müssen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Glücklicherweise muss man aber gar nicht auf diese Meta-Ebene wechseln, um hier seinen Spaß zu haben. Dafür sorgen die Briten schon selbst. Wenn der Weihnachtsmann und seine fleißigen Elfen anfangs à la Mission: Impossible die Häuser der Kinder infiltrieren, dann ist das schon aufgrund der Absurdität komisch. Und auch später wird es immer wieder schön kontrastreiche Momente geben, die das Weihnachtsgeschäft in einem anderen Licht zeigen.
Kleinere satirische Spitzen dürfen dabei nicht fehlen, schließlich prallen hier zwei Weltansichten aufeinander, die kaum zu vereinen sind. Auf der einen Seite die unschuldige Freude am Moment, auf der anderen die gnadenlose Jagd nach Effizienz, wie sie heute immer mehr gefordert ist. Für wen das Herz von Regisseurin und Co-Autorin Sarah Smith dabei schlägt, daraus macht sie nicht wirklich ein Geheimnis. Ja, Steven mag alles bis ins kleinste Detail durchorganisiert haben. Aber seine zielstrebige, emotionsbefreite Art macht ihn nicht unbedingt zu einem Sympathieträger.
Ordnung und Herz gehören zusammen
Schön ist dabei jedoch, dass trotz der leichten Schieflage die beiden Gegenpole von ihren starken wie schwachen Seiten gezeigt werden. Intelligente Ordnung und Herz sind beide für sich genommen Qualitäten, aber erst durch das Zusammenspiel von beidem kann das beste Ergebnis erreicht werden. Dass es am Ende auf dieses hinausläuft, dürfte niemanden überraschen. Schließlich handelt es sich bei Arthur Weihnachtsmann um einen Animationsfilm, der Kinder ansprechen soll. Und wenn es dann auch noch um das Fest der Feste geht, dann darf zum Ende hin ein bisschen Emotionalität nicht fehlen. Vor allem die Erkenntnis, dass jedes Kind gleich wichtig ist, es nicht um Nullen und Einser geht, sondern um Individuen, die lässt einem das Herz weich werden.
Smith schafft es aber, diese süßlichen Töne mit den launigen zu verbinden, sodass die Balance insgesamt stimmt. Kinder haben an den vielen chaotischen und temporeichen Situationen ihren Spaß, Eltern (oder Erwachsene im Allgemeinen) am Wortwitz und den kauzig-liebevollen Figuren. Das ist im englischen Original noch ein bisschen schöner, wo die englischen Veteranen Bill Nighy (I, Frankenstein) und Jim Broadbent (Ethel & Ernest, Paddington) den älteren Weihnachtsmann-Ausgaben ihre Stimme leihen und den typisch britischen Humor noch einmal unterstreichen. Visuell ist das Vergnügen nicht ganz so groß: Arthur Weihnachtsmann ist zwar kompetent umgesetzt, aber doch nicht annähernd so beeindruckend wie die Stop-Motion-Werke von Aardman. Da war man bei der Konkurrenz 2011 schon weiter. Dafür gibt es aber einige nette kleine Details und kuriosere Designs, die auch ihren Anteil daran haben, dass die Suche nach dem „richtigen“ Weihnachtsmann einer der schönsten Weihnachtsfilme der letzten Jahre ist.
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