(„Asura“ directed by Sung-su Kim, 2016)
Recht und Ordnung? Nein, diese Ambitionen verfolgt Kommissar Do-Kyung Han (Woo-Sung Jung) schon lange nicht mehr. Wozu auch? In der Stadt Annam sind Kriminalität und Korruption trauriger Alltag. Hier überlebt nur, wer sich die richtigen Freunde sucht. Freunde wie der Bürgermeister Sung-Bae Park (Jung-Min Hwang). Der ist ebenso mächtig wie skrupellos, weiß genau, wem er wieviel zu zahlen hat, damit die Stadt nach seinem Willen funktioniert. Schwierig wird es jedoch, als Han während einer seiner dreckigen Aufträge einen Polizisten tötet und ins Visier von Staatsanwalt Cha-In Kim (Do-Won Kwak) gerät. Der verspricht dem Gesetzeshüter, die Sache auf sich beruhen zu lassen, wenn der ihm dafür Park liefert. Und als wäre das nicht schon schwierig genug, beginnt auch noch Hans Kollege Sun-Mo Moon (Ji-hoon Ju), für den Bürgermeister zu arbeiten und dabei über Leichen zu gehen.
Von dem filmischen Output eines Landes auf dessen Bewohner zu schließen, ist natürlich immer ein wenig heikel. Zumindest im Fall von Südkorea aber verdammt einfach: Ob I Saw the Devil oder Die Taschendiebin, Pieta oder Inside Men – praktisch alles, was aus der fernöstlichen Nation zu uns kommt, ist düsterer Natur. Gerade die zahlreichen Thriller zeichnen ein Bild, das nicht gerade einlädt, sich in den nächsten Flieger zu setzen und dem traditionsbewussten Tigerstaat einen Besuch abzustatten.
Außen hässlich, innen noch viel mehr
Nehmen wir einmal Asura – The City of Madness. Schon der Blick auf die Stadt von oben schreckt eher ab mit den vielen grauen Betonklötzen. In den Straßen selbst sieht es nicht besser aus. Da kommen zwar ein paar wenige Farben hinzu. Das könnte aber auch an dem Blut liegen, das ausgiebig verspritzt wird. Gewalt ist schließlich an der Tagesordnung, scheint auch niemanden mehr wirklich zu interessieren. Oft ist das dann die Stunde der Helden: Ein aufrechter Polizist erscheint, der sämtlichen Gefahren trotzt und den korrupten Saustall mal so richtig schön ausfegt. Ein solcher ist hier aber weit und breit nicht zu finden. Im Gegenteil: Selbst die wenigen tatsächlichen Gesetzeshüter verlieren mit der Zeit ihre Unschuld.
Wie etwa aus dem zunächst so brav erscheinenden Moon ein gnadenloser Killer wird, das lässt es einem schon eiskalt den Rücken runterlaufen. Und auch Staatsanwalt Kim zeigt offen soziopathische Züge. Er kämpft zwar gegen das Böse, schreckt dabei aber nicht vor bösen Mitteln zurück. Es ist nicht einmal klar, ob sein Feldzug gegen den Bürgermeister moralisch bedingt ist oder doch eher der Karriere wegen geschieht. Allgemein machen die Darsteller hier dann auch mächtig Laune bei ihrem Spiel mit der inneren Hölle. Vor allem Jung-Min Hwang (New World) als abstoßender und brutaler Bürgermeister frisst sich ins Gedächtnis hinein, aus dem man ihn so bald dann auch nicht mehr herausbekommt.
Das Ende jeglicher Menschlichkeit
Wenn Regisseur und Drehbuchautor Sung-su Kim und seinem Team eines gelingt, dann ist es dann auch, das Publikum jeglichen Glauben an das Gute im Menschen auszutreiben. Das Ergebnis ist durchaus spannend. Zum einen will man wissen, wohin der Wettlauf in die seelischen Abgründe noch führt. Aber auch, wer am Ende nun sein Leben lassen muss. Da Asura keine wirklichen Helden bereitstellt, allenfalls eine unangenehme Wahl zwischen Pest und Cholera, ist es hier völlig offen, was am Ende dabei rauskommt. Dass der düstere Thriller letztes Jahr in Südkorea einer der 30 erfolgreichsten Filme des Jahres war, das verwundert nicht so wirklich.
Und doch beraubt sich Asura selbst immer wieder etwas unnötig seiner Kraft. Zum einen ist er mit einer Länge von über zwei Stunden doch etwas zu ausufernd für die eigene Geschichte geworden. Das Katz-und-Maus-Spiel von Politik und Polizeigewalt, es kommt manchmal einfach nicht in die Gänge. Schwierig ist zudem, dass die Gewaltspirale mitunter dermaßen absurd überdreht wird, dass das Ergebnis nach Splatter-Trash riecht. Die Illusion, dass hier ein tatsächlicher Machtkampf auf den Straßen und in den Büros stattfindet, die wird so immer wieder gestört – vor allem beim völlig überzogenen Ende. Dennoch: Wer seine Action-Thriller gern etwas schmutziger und böse mag, der darf gern einmal Annam bereisen, zumindest filmisch, und anschließend froh sein, wenn es danach wieder nach Hause geht.
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