(„Lupin III: Russia yori Ai o Komete“ directed by Osamu Dezaki, 1992)
500 Tonnen Gold? Damit könnte man schon eine ganze Menge anfangen. Erst einmal heißt es jedoch für Lupin III und seine Komplizen Jigen sowie Fujiko, an diesen Schatz auch wirklich herankommen, der einst der Zarenfamilie Romanov gehört haben soll, während der Februarrevolution 1917 aber verlorenging. Bis jetzt. Ausgerechnet in einer kleinen, nicht immer ganz legal operierenden Bank in San Francisco sollen die Barren gesehen worden sein. Gemeinsam mit der Romanov-Expertin Judy Scott macht sich das Team an die Arbeit, das Geldinstitut ein klein wenig zu erleichtern. Dabei müssen sich die vier aber ganz schön sputen: Der telepathisch begabte Enkel des Mönches Rasputin soll ebenfalls hinter dem Schatz her sein. Und dann wäre da noch Inspektor Zenigata, der nicht müde wird, Jagd auf Lupin zu machen.
Spätestens 1992 durfte man wohl die Hoffnung aufgeben, dass Regieveteran Osamu Dezaki den jährlichen TV-Specials rund um Lupin III noch neue Seiten abgewinnen würde. Wie zuvor bei The Hemingway Papers und Napoleon’s Dictionary so beginnt auch From Siberia with Love mit einer historischen Person, um daraus eine Schatzsuche abzuleiten. Dieses Mal war es eben Zar Nikolaus II., der 1917 etwas unsanft zur Abdankung genötigt wurde. Aber auch dessen Tochter Anastasia, seit jeher eine beliebte Figur für Legenden, und der russische Wanderprediger Rasputin hinterließen hier späte Spuren. Zumindest in der Hinsicht war das vierte Special aus Basis der Mangas von Monkey Punch ein Fortschritt zu den Vorgängern: Man beließ es nicht allein bei Namesdropping, sondern versuchte die historischen Elemente etwas mehr mit der Gegenwart zu verbinden.
Ein Lupin III wie aus dem Katalog
Der Titel spielt dabei natürlich an den James-Bond-Klassiker Liebesgrüße aus Moskau an. Tatsächlich tragen beide Filme in der japanischen Fassung denselben Titel. Ansonsten gibt es aber keine Querverbindungen zwischen den beiden Langzeitfranchises. Stattdessen besteht From Siberia with Love aus den Bestandteilen, welche Manga und Anime groß gemacht: eine Schatzsuche über mehrere Länder hinweg, diverse humorvolle Einlagen, einen mächtigen und skrupellosen Gegenspieler und natürlich die fünf üblichen Charaktere Lupin, Jigen, Fujiko, Goemon und Zenigata. Die beiden Letzteren haben dabei diesmal nur wenig zu tun, der Inspektor hat sogar nicht mehr als kleinere Gastauftritte.
Das Problem des Specials ist jedoch nicht, dass es das Potenzial der Figuren wenig nutzt. Denn immerhin kann From Siberia with Love sogar mit einem Antagonisten auftrumpfen, der erinnerungswürdig ist. Ein telepathisch begabter Mönch, der ständig Finger in Körperöffnungen anderer Menschen steckt? Das ist zumindest mal was anderes. Es ist eher das ganze Drumherum, das nicht so richtig begeistern will – trotz einiger netter Ideen. Beispielsweise wird wie schon bei Napoleon’s Dictionary spöttisch auf die aktuelle Politik verwiesen. Dann gibt es da noch die kleine Geldwäscherbank, die mitten in der Stadt illegale Geschäfte betreibt und dabei noch die Chuzpe hat, sich „Bank of Liberty“ zu nennen. Doch daraus wird ebenso wenig gemacht wie aus dem russischen Anfang, der nur ganz zum Ende hin wieder aufgegriffen wird. Alles plätschert vor sich hin. Nicht einmal die absurden Verfolgungsjagden, welche einige Filme vorher ausgezeichnet haben, dürfen wir hier sehen.
Mehr fürs Auge, aber auch nicht wirklich gut
Optisch ist der Film dennoch wieder etwas gelungener als der durch und durch enttäuschende Vorgänger. Zwar hat das übliche Animationsstudio Tôkyô Movie Shinsha (Chie the Brat, Detektiv Conan – 1. Film: Der tickende Wolkenkratzer) auch hier offensichtlich mit einem geringen Budget zu kämpfen – manche Actionszenen enthalten nicht wirklich viel Action –, immerhin bringen die verschiedenen Schauplätze aber Abwechslung. Und ein paar kleinere Spielereien gibt es auch. Mit deutlich anregenderen Auftritten von Lupin III wie etwa The Fuma Conspiracy kann es die Jagd aufs Gold dennoch nicht aufnehmen, dafür ist die Verpackung wie der Inhalt eben auch zu genügsam. Wer seine Sammlung komplettieren möchte, kann dies aufgrund mithilfe des recht günstigen US-Imports natürlich tun. Mehr als Durchschnitt ist das ideenlose From Siberia with Love jedoch nicht.
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