(„Lupin III: Heminguwei Pēpā no Nazo“ directed by Osamu Dezaki, 1990)
Ernest Hemingway mag ein begnadeter Autor gewesen sein. Doch das ist nicht der Grund, weshalb Lupin III einem unvollendeten Roman bis auf die Insel Colcaca folgt. Viel interessanter ist nämlich, dass besagtes Manuskript den Weg zu einem unglaublichen Schatz weisen soll. Dummerweise wissen aber auch andere von diesem Gerücht: Seit zehn Jahren schon wird die Insel von Schatzsuchern überrannt, die sich gegenseitig bis aufs Blut bekämpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass Lupins Weggefährten dieses Mal anderweitig beschäftigt sind – und das auch noch im Dienst der beiden verfeindeten Schatz-Parteien. Um die sagenumwobenen Kostbarkeiten zu erlangen, gilt es also, die beiden Streithähne miteinander zu versöhnen und für die eigene Sache zu gewinnen.
Rund 15 Monate mussten die Fans von Lupin III darauf warten, bis der allseits beliebte Anti-Held nach Bye Bye Lady Liberty in seinem zweiten TV-Special auftrat. Geändert hat sich dafür wenig, zumindest auf den ersten Blick. Regie führte erneut Osamu Dezaki, erneut geht es darum, einen verborgenen, legendären Schatz zu finden, erneut müssen Lupin und die anderen sich dafür mit gefährlichen Gangstern herumschlagen. An der Zusammenstellung der Diebesbande hat sich ohnehin nichts geändert, auch Inspektor Zenigata ist wieder mit von der Partie. Streckenweise zumindest, seine hohen Spesen bei der Verfolgung von Lupin werden ihm dieses Mal zum Verhängnis, weshalb er nicht ganz so integriert ist wie sonst.
Wer solche Freunde hat …
Ein paar Punkte gibt es dann aber doch, die den Anime von den vielen anderen Versionen des Kult-Mangas von Monkey Punch unterscheiden. Der wichtigste wäre die veränderte Gruppendynamik. Dass zu Beginn einer Geschichte die Teammitglieder getrennt sind und erst noch zusammenfinden müssen, das ist ein alter Hut. Schon die allererste Adaption Lupin III – Serie 1 griff darauf zurück. Hier dauert es jedoch ungewöhnlich lange, bis aus den Einzelkämpfern ein Team wird. Mehr noch: Indem Goemon und Jigen für entgegensetzte Parteien arbeiten, werden auch sie zu Gegenspielern. Anstatt gegen einen gemeinsamen Feind zu kämpfen, bekämpfen sie sich lange gegenseitig.
Über weite Strecken ist The Hemingway Papers dann auch ein einziges Kuddelmuddel. Die Figuren sind vor allem mit sich selbst beschäftigt anstatt mit der eigentlichen Schatzsuche. Und das ist dann doch ein wenig schade nach dem stimmungsvollen Einstieg. Ebenso, dass aus Hemingway praktisch nichts gemacht wurde. Die Zeichnungen des bedeutenden Schriftstellers sind ganz schön. Danach gibt es keine echte Referenz mehr an ihn. Es hätte eine beliebige Schatzkarte sein können, ohne dass dies groß etwas geändert hätte. Richtig viel Abenteuergefühl will sich aber ohnehin nicht einstellen. Schließlich reden wir hier nicht von einer kleinen versteckten Insel, sondern einer, die schon seit zehn Jahren belagert wird. Es ist da schon eher befremdlich, dass Lupin III so lange gebraucht hat, um von der Sache Wind zu bekommen.
Wenig kompetenter Dieb, kompetente Umsetzung
Richtig kompetent ist er aber dieses Mal ohnehin nicht. Und auch da ist das Special etwas eigen bzw. orientiert sich an der frühen Fassung des Meisterdiebs, wo er noch alles andere als meisterhaft agierte. Das ist irgendwie ganz angenehm, seine übertriebenen Fähigkeiten auf Normalmenschniveau herunterzuschrauben. Dafür wird es an anderer Stelle recht unsinnig – und das nicht auf absurd-komische Weise. Eher auf eine etwas ärgerliche. Der ganz große Wurf ist dann auch das zweite Special nicht, erfüllt aber die Mindestenanforderungen einer Lupin-Geschichte. Und auch optisch schlägt sich die TV-Sendung von Tôkyô Movie Shinsha (Chie the Brat, Detektiv Conan – 1. Film: Der tickende Wolkenkratzer) sehr achtbar. Für eine Produktion der späten 80er gehen die Animationen mehr als in Ordnung, die Hintergründe sind überraschend detailliert. Zudem erfreuen kleinere Kniffe wie Spiegel- oder Flimmereffekte das Auge. Das amerikanische zumindest. Auf Deutsch ist der Film nicht erhält, der US-Import ist hier aber recht günstig zu haben.
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