Morris aus Amerika
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Morris aus Amerika

(„Morris from America“ directed by Chad Hartigan, 2016)

Morris aus Amerika DVD
„Morris aus Amerika“ ist seit 19. Mai 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Dass Morris (Markees Christmas) nicht so ganz ins Bild passt, das sieht man auf den ersten Blick. Der Junge ist nicht besonders groß, dafür ziemlich übergewichtig. Und er ist schwarz. Da sein Deutsch zudem nicht berauschend ist und seine Liebe zu Gangster Hip-Hop in Heidelberg auf taube Ohren fällt, gelingt es dem Amerikaner nicht, Anschluss bei den Gleichaltrigen zu finden. Auf Drängen seines Vaters Curtis (Craig Robinson), der nach dem Tod seiner Frau eine Stelle als Fußballtrainer angenommen hat, und seiner Deutschlehrerin Inka (Carla Juri) versucht Morris dennoch sein Glück und schaut deshalb beim örtlichen Jugendzentrum vorbei. Tatsächlich ist dieses sehr viel spannender, als er vorher angenommen hat, was vor allem damit zusammenhängt, dass er dort die rebellische Katrin (Lina Keller) kennenlernt.

Seit der sich 2015 verschärfenden Flüchtlingskrise gibt es in Europa einen ganzen Haufen Filmen, die sich mit dem Leben in der Fremde auseinandersetzen – mal aus der Sicht der Immigranten (Dämonen und Wunder – Dheepan), mal aus der von den Menschen, die nun Leute aus seltsamen Kulturen bei sich aufnehmen müssen (Willkommen bei den Hartmanns). Bei dem Blick auf diese Ausnahmesituationen wird jedoch schnell vergessen, dass man nicht nur aus Kriegsländern geflüchtet sein muss, um hierzulande an seine Grenzen zu stoßen. Auch Vertreter vermeintlich deutlich näherer Kulturen können schnell zu spüren bekommen, dass sie anders sind.

Der alltägliche kleine Rassismus
Dass ausgerechnet in Heidelberg Familie Gentry ein solcher Fremdkörper ist, kommt schon ein wenig überraschend, da dort durch die stationierten Truppen US-Amerikaner eigentlich zum Stadtbild gehörten. Andererseits passt es eben auch zu einem Film, der die Anpassungsschwierigkeiten im Kleinen sucht. Ein Film, der davon erzählt, wie sehr wir im Alltag mit Bildern und Vorurteilen arbeiten. Wie viel bei uns über reine Äußerlichkeiten und den bloßen Schein läuft, der Inhalt dahinter dabei gern zu kurz kommt.

Das betrifft natürlich zunächst einmal das Umfeld von Morris: Ein schwarzer Amerikaner, der muss doch gut Basketball spielen können! Das zumindest denken die anderen Jugendlichen und versuchen den Einwanderer daher ständig zum Mitspielen zu nötig, obwohl der – auch das ist auf den ersten Blick sichtbar – weder das Interesse, noch die körperlichen Voraussetzungen dafür mitbringt. Aber auch Morris selbst ist gerne mal oberflächlich, vor allem wenn er bei seinem größten Hobby, dem Rappen, davon berichtet, wie er es zwei Frauen gleichzeitig besorgt hat. Dabei versagt ihm ja schon gern mal die Stimme, wenn mit Katrin eine einzige vor ihm steht.

Das Leben in all seinen Farben
So wie hier ist dem in Zypern geborene Ire Chad Hartigan insgesamt sehr daran gelegen, kein zu einseitiges Bild zu zeichnen, sondern das Leben in all seinen Facetten zu zeigen. Eine wirklich neue Geschichte erzählt er auf diese Weise natürlich nicht: Im dritten Film des Regisseurs und Drehbuchautors finden sich viele der üblichen Coming-of-Age-Elemente wieder, angereichert mit der Culture-Clash-Außenseiterproblematik. Hartigan findet aber immer wieder einen Dreh, um den bekannten Pfaden doch noch interessante Aussichten und schöne Szenen abzugewinnen.

Zudem profitiert das Drama enorm von der Leistung der Darsteller: Robinson (Das ist das Ende) als wohlmeinender, insgesamt aber leicht überforderter Vater war für eine Reihe von Preisen nominiert, darunter einen Film Independent Spirit Award als bester Nebendarsteller. Auch Juri (Feuchtgebiete) und die Nachwuchsdarstellerin Keller dürfen als weibliche Figuren im Umfeld des Jungen reichlich Charakter ins Spiel bringen, was bei einem derart auf Personen fokussierten Film schon einmal die halbe Miete ist. Und der zwischen Verletzlichkeit und Trotz schwankende Christmas entpuppt sich auch als wirkliches Geschenk für die Zuschauer, das man vielleicht in der Form nicht erwartet hat, das einem dafür umso mehr Spaß macht.



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Ein junger Außenseiter versucht in der Fremde, seinen Platz zu finden, das ist als Geschichte nichts Außergewöhnliches. „Morris aus Amerika“ schafft es aber durch seine differenzierte Herangehensweise und engagierte Darsteller, das Coming-of-Age-Drama am Ende doch zu etwas Besonderem zu machen.
8
von 10