(„Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales“, directed by Joachim Rønning and Espen Sandberg, 2017″)
Jahre sind seit Will Turners (Orlando Bloom) Antritt als Captain der Flying Dutchman vergangen. Jahre, in denen er das Land nicht betreten durfte und Ehefrau Elizabeth Swan (Keira Knightley) den gemeinsamen Sohn Henry (Brenton Thwaites) alleine großziehen musste. Der ist inzwischen genauso störrisch wie sein Vater und fest entschlossen, dessen Fluch zu brechen. Dafür benötigt er die Hilfe von Poseidons sagenumwobenen Dreizack. Er begegnet der jungen Astronomin Karina Smyth (Kaya Scodelario), die sich ebenfalls auf der Suche nach dem magischen Relikt befindet. Sie erleben den ein oder anderen Zwischenfall mit der Justiz und wo Chaos regiert, darf einer nicht fehlen: Captain Jack Sparrow (Johnny Depp). Der längst totgeglaubte Taugenichts schließt sich dem dynamischen Duo gezwungenermaßen an, denn wie immer ist ihm jemand auf der Spur. Captain Salazar (Javier Bardem), seines Zeichens rastloser Geist und erbarmungsloser Piratenkiller, ist mit seiner Crew aus dem Bermudadreieck entkommen, in welches ihn Jack Sparrow damals verbannt hatte. Es entbrennt eine blutige Schnitzeljagd auf offener See und ein Kampf um den Dreizack, bei dem sich jeder selbst der Nächste ist.
Joho, joho, joho und ne Buddel voll Rum. Nach sechs Jahren Auszeit ist Schluss mit der kreativen Zwangspause des allseits beliebten Suffpiraten. Dabei sind die filmischen Gewässer dem Franchise nach dem schwachen Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten (2011) längst nicht mehr so gewogen. Die knapp 200 Millionen Dollar Miese, die Johnny Depps Lone Ranger (2013) dem Studio einbrachten, ließen auch den letzten Verantwortlichen unruhig schlafen. 2014 folgte dennoch der Zuschlag für den fünften Teil – mit Veränderungen. Das explodierende Budget der Vorgänger wurde auf 250 Million Dollar reduziert, Joachim Rønning und Espen Sandberg übernahmen nicht zuletzt wegen ihres oscarnominierten Films Kon Tiki die Regie und beim Schreiben des Drehbuchs löste Jeff Nathanson das Duo Ted Elliott und Terry Rossio ab, welches bislang die führende Geschichtsfeder in der Hand hielt.
Besser mittelmäßig kopiert als schlecht selbstgemacht
Bei der Aufstellung der Cast verlässt man sich auf Altbewährte. Geoffrey Rush als Captain Barbossa, Kevin McNally als Gibbs und viele weitere aus Sparrows Dunstkreisen geben den zwei neuen Jungschauspielerin eine bekannte Basis zum Einstieg und dem routinierten Johnny Depp Material zur Selbstinszenierung. Der machte während der Dreharbeiten nämlich vor allem durch mediale Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Kostspielige Privatjets für die Vierbeiner seiner damaligen Ehefrau Amber Heard und eine verletzte Hand, die für eine mehrwöchige Drehpause sorgte, sind dabei nur der Beginn einer langen Liste an skurrilen Ungereimtheiten. Das Ergebnis: Über 70 Millionen Dollar mehr als das geplante Budget. Alles nur halb so wild, solange der fertige Film die Leinwände zum knallen bringt und die Kinosäle füllt.
Man versucht sich auf alte Stärken zurück zu besinnen. Ein unterhaltsames Liebesduo, ein unberechenbarer Pirat, ein unerbittlicher Widersacher und die unsägliche Einfallslosigkeit der britischen Marine. Die tauchen hin und wieder auf, nur um in Sekundenschnelle als Fischfutter zu verenden. Ein Handlungsstrang, den man in dieser Form getrost hätte streichen können. Hingegen versprüht die erste Begegnung mit Sparrow tatsächlich ein wenig Nostalgie, einer wilden Verfolgungsjagd und dem Spiel mit einer Guillotine inklusive, nur um im weiteren Verlauf an Bedeutung zu verlieren. Der Fokus liegt eindeutig auf Henry und Karina, bei dem vor allem Letztere durch ihre interessante Herkunft überzeugt, während der etwas zu glatte Henry nicht selten fehl am Platz wirkt. Es folgen untote Haie, zum Leben erwachende Galionsfiguren und auf Wasser laufende Geisterscharen die den Unterhaltungswert zwar steigern, aber in einem solch kurzen Abstand aufeinander treffen, dass man die wenigen Ruhephasen zu schätzen lernt.
Ein Funke macht noch kein Feuerwerk
Pirates of the Caribbean: Salazars Rache ist bei weitem kein schlechter Film, für das gebeutelte Franchise allerdings nur ein dürftiges Lebenszeichen. Nach Jahren der Rückbesinnung auf die Qualitäten der Reihe ist es beschämend, dass CGI-überladene und gehaltlose Actionsequenzen gepaart mit einem lückenhaften Drehbuch das traurige Endergebnis des zweistündigen Exkurs in die tobenden Wellen sind. Einziger Funke im düsteren Nebel des eintönigen Piratenabenteuers ist ein starker Javier Bardem, der dem spanischen Geister-Captain eine ungewohnte Intensität verinnerlicht und ein emotionaler Geoffrey Rush, dessen Charakter sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen muss. Es bleibt abzuwarten, ob dies nun das endgültige Ende einer Reihe ist, die mit dem vierten Teil bereits einen Abschluss finden sollte oder nur das Reboot einer schlafenden Wollmilchsau mit Rum im Blut.
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