Ploetzlich Papa
© Tobis Film

Plötzlich Papa

(„Demain tout commence“ directed by Hugo Gélin, 2016)

Ploetzlich Papa DVD
„Plötzlich Papa“ ist seit 11. Mai 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Das hatte sich der Weiberheld Samuel (Omar Sy) eigentlich anders vorgestellt. Bislang bestand der Alltag für ihn darin, die Sonne und Anwesenheit hübscher Frauen zu genießen. Als seine Ex Kristin (Clémence Poésy) auftaucht und ihm eröffnet, er hätte eine Tochter, ist das mit dem Glück aber schnell vorbei. Vor allem, da sie ihm das Kind auch noch da lässt und anschließend spurlos verschwindet. Einige Jahre später lebt er mit Töchterchen Gloria (Gloria Colston) in London und könnte sich nichts Besseres vorstellen als das gemeinsame Leben. Doch Gloria leidet noch immer sehr darunter, ohne Mutter aufzuwachsen. Als die eines Tages wieder auftaucht, stürzt das die kleine Familie in ein komplettes Chaos.

Dass französische Produktionen – einen gewissen Erfolg vorausgesetzt – gerne mal von anderen Ländern aufgegriffen und neu verfilmt werden, das ist hinlänglich bekannt. So wurde etwa aus der spannenden Mystery-Serie The Returned das gleichnamige US-Remake, die Deutschen verwandelten die Scheidungskomödie Mama gegen Papa in Schatz, nimm du sie! Eine kleine Überraschung ist Plötzlich Papa deswegen schon. Nicht nur, dass die Stoßrichtung umgekehrt wurde, die Grande Nation hier einen mexikanischen Film adaptierte. Überraschend ist zudem, dass niemand sonst auf die Idee kam, war die Vorlage Plötzlich Vater doch ein riesiger Erfolg, spielte bei einem Budget von 5 Millionen Dollar das knapp Zwanzigfache weltweit wieder ein. Wie gemacht also für Filmstudios auf der Suche nach dem schnellen Geld.

Eine Geschichte, die immer funktioniert
Zumindest teilweise lässt sich in Plötzlich Papa noch erahnen, was die mexikanische Fassung zu einem derartigen Hit gemacht hat. Schließlich sind es sehr universelle Themen, die hier angesprochen werden. Was macht eine Familie aus? Worauf kommt es im Leben an? Dazu wird eine Situation ausgepackt, die schon bei den Mexikanern nicht wirklich neu war: Zwei Familienmitglieder werden zusammengepresst und entdecken dabei, dass es zusammen doch sehr viel schöner ist. Das funktioniert immer, Logan – The Wolverine packte den Status Quo sogar in einen düsteren Superhelden-Streifen.

Solche Ambitionen hatte man hier natürlich nicht, die Geschichte um eine Vater-Tochter-Beziehung sollte viel näher am Alltag sein. Das gelingt Plötzlich Papa aber nur zum Teil. Und Teile hat der Film genug. Teile, die sehr unterschiedlich sind. Teile, die nicht wirklich zusammenpassen wollen. Beispielsweise spart sich Regisseur und Co-Autor Hugo Gélin viel Zeit für Culture-Clash-Scherze auf, wenn der Franzose Samuel in London über die Runden zu kommen versucht. Damit hat Gélin durchaus Erfahrung, schrieb er damals doch auch das Drehbuch für Portugal, mon amour. Richtig witzig sind die Scherze aber nicht, auch wenn man sich in der deutschen Fassung tatsächlich die Mühe gab, das französisch-englische Kauderwelsch wiederzugeben.

Trotz vieler Versuche nur manchmal lustig
Auch sonst funktioniert Plötzlich Papa als Komödie nicht so recht. Wenn sein bester Freund Bernie (Antoine Bertrand) beispielsweise jeden Mann angräbt, der ihm über den Weg läuft, dann ist das nicht nur der vielen Klischees wegen langweilig. Zum Ende hin wird es dafür wieder übertrieben dramatisch, wenn der Film etwas bemüht lauter Wendungen und Zuspitzungen einbaut, um auch ja die eigene Aussage in die Köpfe und Herzen des Publikums zu stopfen. Das erfüllt sicherlich seinen Zweck, ein gewisses Faible fürs Melodram vorausgesetzt darf man sich das eine oder andere Tränchen aus dem Auge wischen. Sonderlich glaubwürdig ist es jedoch nicht, was der Kleinstfamilie hier so alles zustößt.

Der schönste Teil von Plötzlich Papa ist dabei der, wenn der Film nicht verkrampft in die eine oder andere Richtung will, sondern einfach mal die Figuren und Schauspieler machen lässt. Wenn Samuel und Gloria allen Vorzeichen zum Trotz zusammengefunden haben, mit ihren kleinen Ritualen, mit einer Wohnung, die wie ein Freizeitpark aussieht, dann ist das alles, was man zum Wohlfühlen braucht. Ein bisschen naiv und albern vielleicht, aber doch eben auch rührend in seiner weltvergessenen Unschuld. An diesen Stellen profitiert die Tragikomödie auch ungemein von der Chemie zwischen Sy (Ziemlich beste Freunde) und seiner jungen Kollegin Colston, die einen glauben lässt, dass alles am Ende gut wird. Man muss es nur wollen.



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Zum Teil Culture-Clash-Komödie, zum Teil Familiendrama will „Plötzlich Papa“ eine ganze Menge und schafft es dabei nicht so recht, das Ganze zu einem stimmigen Ende zu führen. Aufgrund des schönen Mittelteils und der Chemie der beiden Hauptdarsteller ist der französische Film aber immerhin solide.
6
von 10