(„Radio Heimat“ directed by Matthias Kutschmann, 2016)
Was sie wollen, das wissen die vier Freunde Frank (David Hugo Schmitz), Spüli (Hauke Petersen), Mücke (Maximilian Mundt) und Pommes (Jan Bülow) ganz genau: Sex! So weit so gut. Das Problem ist nur, dass irgendwie keine der Frauen so richtig Notiz von ihnen nehmen will. Zumindest keine von den Frauen, die von Bedeutung sind. Aber selbst ist der Mann: Und so beschließt das Quartett, die Sache einmal ganz anders anzugehen. Möglichkeiten und Ratschläge gibt es da draußen ja genug. Tanzschule und Rockband zum Beispiel. Da wäre es doch gelacht, wenn es ihnen nicht gelingen sollte, endlich an die Frau zu kommen.
Früher, da konnte man sich kaum vor ihnen retten: Komödien, in denen unlängst geschlechtsreif gewordene junge Männer die große Liebe suchen. Oder den großen Sex, was meistens dasselbe war. Inzwischen scheint hierfür irgendwie das Interesse abhanden gekommen zu sein, nur selten noch sind solche Werke auf der Leinwand zu sehen. Auch deshalb schon hatte Radio Heimat letztes Jahr etwas ziemlich Altmodisches an sich. Dass die Komödie einer Zeitreise gleich kam, lag aber natürlich auch am Inhalt: Die Adaption eines Kurzgeschichtenbandes von Frank Goosen spielt im Bochum der 80er.
Mit viel Gespür für die 80er
Das sieht und hört man in einem Großteil der Einstellungen auch: Da wird die Musik der Zeit gespielt, man trägt die damaligen, heute etwas komisch wirkenden Klamotten, man trifft sich im Freibad. Das ist alles mit viel nostalgischen Untertönen verbunden, bei Radio Heimat ist klar, dass hier ein bisschen in Erinnerungen an die eigene Jugend geschwelgt wird. Gleichzeitig sorgt der Erzähler, der aus dem Off alles kommentiert und in einen Kontext packt, immer wieder für etwas (selbst-)ironische Distanz. Denn dass die vier Protagonisten wie auch das Umfeld immer ein bisschen mehr sein wollen, als sie sind, das steht völlig außer Zweifel.
Einen solchen Erzähler einzubauen, das war letzten Endes eine recht offensichtliche Notlösung von Regisseur und Drehbuchautor Matthias Kutschmann: Die Geschichten von Goosen waren gar nicht dafür gedacht, im Rahmen einer gemeinsamen Handlung erzählt zu werden. Thematisch ähnlich sind sie natürlich, aber doch nur Episoden aus dem Alltag von vier Jungs, die gar nicht den Anspruch haben, anderthalb Stunden zu tragen. Das tun sie dann auch nicht wirklich, über weite Strecken gleicht Radio Heimat einer Sketchshow, die unter dem Motto „der Ruhrpott in den 80ern“ läuft. Wie eine dieser Fernsehshows, die mit abgehalfterten Ex-Stars an früher erinnern wollen. Nur dass nicht einmal die sich hier blicken lassen. Bis aus dem Ganzen mal so etwas wie eine tatsächliche Handlung erwächst, ist der Film fast schon vorbei. Was danach kommt, muss man auch nicht unbedingt gesehen haben.
Ein Film für die nostalgische Zielgruppe
Wer sich ähnlich wie der Sprecher oder wohl auch Kutschmann an die eigene Jugend im Ruhrpott erinnern möchte, dem könnte das nostalgische Gebaren durchaus ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Den Rest erwartet hier aber bestenfalls Durchschnitt. Die Witze wirken so, als hätten sie tatsächlich drei Jahrzehnte irgendwo zugestaubt in einem Regal gelegen, die Figuren und Situationen bemühen sich nicht wirklich, mehr als ein Klischee zu sein. Vor allem fehlt aber etwas, um aus dem Bekannten auch etwas Relevantes zu machen – da hatte beispielsweise Junges Licht letztes Jahr doch mehr zu erzählen. Anschauen kann man sich das Ganze sicherlich, etwa wenn es zufällig gerade im Fernsehen läuft. Einen zwingenden Grund gibt es aber von der Geschichte über die Darsteller bis hin zur Inszenierung nicht.
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