Shimoneta
©Hirotaka Akagi, Shogakukan/SOX

(„Shimoneta“ directed by Youhei Suzuki, 2015)

Shimoneta
„Shimoneta“ ist auf vier Volumes verteilt auf DVD und Blu-ray erhältlich

Jemand musste sich ja um den andauernden Sittenverfall kümmern, der die Gesellschaft plagte. Und so hatte die japanische Regierung eine brillante Idee: Jegliche Erwähnung von Sex oder damit zusammenhängender Begriffe ist verboten, der Besitz oder die Verbreitung von Pornografie ebenso. Und damit auch ja niemand diese Gesetze bricht, bekommt die gesamte Bevölkerung Chips eingepflanzt, die ganz genau aufpassen, was die Leute da so tun. Für Tanukichi Okuma ist das kein Problem, seit der Begegnung mit Anna Nishikinomiya will er nichts mehr, als so rein zu sein wie sie. Dummerweise wird dieses Vorhaben schon kurz nach seinem Wechsel zu ihrer Schule torpediert, als er Ayame Kajou kennenlernt. Die ist ebenfalls Mitglied des Schülerrats, führt aber gleichzeitig ein Doppelleben als Terroristin und verteilt unentwegt obszöne Bücher und Zeichnungen, um gegen die Zensur zu protestieren.

Es stimmt schon, das angestrengte Bemühen um Politische Korrektheit kann einem manchmal ganz schön auf die Nerven gehen. Je mehr Möglichkeiten die Menschen haben miteinander zu kommunizieren, je größer die Meinungsfreiheit wird, umso größer sind auch die Bedenken, dass man vielleicht doch nicht alles sagen sollte, was man sagen kann – mit teils absurden Folgen im Sprachgebrauch. Sich darüber lustig zu machen, wie es Shimoneta tut, das ist einem dann erst einmal sehr sympathisch. Und satirisches Potenzial hat dieses Thema auch mehr als genug. Dummerweise hatte Hirotaka Akagi, auf dessen Light Novel der Anime basiert, daran aber offensichtlich wenig Interesse.

Protest, der keiner ist
Stattdessen suchte er sich ausgerechnet das Feld aus, das heutzutage am wenigsten (Selbst-)Zensur erfährt: Sex. Bewegtes wie gedrucktes Anschauungsmaterial gibt es mehr als genug, sexualisierte Figuren sind so sehr Teil unseres Lebens, dass man eher von einer Überreizung sprechen kann. Dass es ergiebigere Themen für den Angriff auf Zensur gegeben hätte, ist aber das geringere Problem. Das größere ist, dass Akagi selbst nicht wirklich viel zu dem Thema eingefallen ist. Der „Witz“ der Serie besteht darin, möglichst explizite Sprache zu verwenden, in den alltäglichsten Situationen irgendwo Anspielungen einzubauen oder die Figuren schon beim Anblick kopulierender Fliegen in Wallung geraten zu lassen.

Das mag dann die zum Lachen bringen, die alles irgendwie lustig finden, wo ein Geschlechtsteil auftaucht. Der Rest wird nur mit den Schultern zucken. Nicht dass an derbem Humor grundsätzlich etwas auszusetzen wäre. Wenn schon die Partie unterhalb des Gürtels angegangen wird, dann sollten die Witze aber schon auch zumindest überraschende Pointen haben, anstatt wie hier einige wenige Einfälle zu Tode zu reiten. Provokativ will Shimoneta sein, ist in seiner selbstgenügsamen Freude an der Obszönität dann aber doch eher altmodisch. Wie die dümmlichen Sexklamotten, die man sich als Jugendlicher heimlich angeschaut hat, deren Qualität in der Heimlichkeit bestand. Im Grunde ist der Anime wie so viele Ecchi-Serien, die aus Wollust und peinlichen Situationen Lacher generieren wollen. Anders als dort gibt es hier aber fast nichts zu sehen. Gerade angesichts der überraschend direkten Wortwahl gibt sich die Serie doch recht züchtig.

Auch optisch wenig aufregend
Aber so richtig bemerkenswert ist die Optik aus dem Hause J.C.Staff (Danmachi – Is It Wrong to Try to Pick Up Girls in a Dungeon?, Dai Shogun – Der große Wandel) ohnehin nicht. Ein paar wenige witzige visuelle Gags gibt es, etwa das Tragen von Unterwäsche auf dem Kopf oder vibrierende Oberweiten. Auch bei der Zensur von dargestellten Geschlechtsteilen zeigte man sich etwas einfallsreicher. Das war es dann aber auch schon, ansonsten regiert während der zwölf Folgen die Langeweile. A Boring World Where the Concept of Dirty Jokes Doesn’t Exist lautet der Titel, der noch zu den interessantesten Elementen gehört. Schließlich spielt hier die Überlegung mit rein, wie Sprachkonzepte und Wahrnehmung der Welt zusammenhängen. Aber wer braucht schon Überlegungen, wenn man stattdessen einen nicht abschaltbaren Vibrator in seine Traumfrau stecken kann? Ganz große Fans absurd-abgedrehten Humors können es noch mal probieren. Aber wie schon bei Daimidaler: Prince v.s. Penguin Empire kommt der Höhepunkt gleich zu Beginn, danach gibt es plumpen Kleinjungenhumor, der weder komisch noch mutig ist.



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Der an und für sich sympathische und aktuelle Kampf gegen Zensur und Political Correctness macht hier bald plumpen Obszönitäten Platz. Das ist nicht nur um die absurde Ausgangssituation schade, sondern aufgrund der abwechslungsarmen Mutlosigkeit trotz aller expliziten Sprache vor allem furchtbar langweilig.
3
von 10