Die Verführten
© Universal Pictures

Die Verführten

(„The Beguiled“ directed by Sofia Coppola, 2017)

Die Verfuehrten
„Die Verführten“ läuft ab 29. Juni 2017 im Kino

Eigentlich war Amy (Oona Laurence) ja nur im Wald, um mal wieder Pilze zu sammeln. Gefunden hat sie jedoch etwas ganz anderes: den schwer verletzten Offizier John McBurney (Colin Farrell). Ihn einfach sich selbst zu überlassen, kommt für das hilfsbereite Mädchen nicht in Frage. Und so schleppt sie ihn mit in das von Martha Farnsworth (Nicole Kidman) geleitete Mädcheninternat. Die ist erst einmal wenig begeistert, mitten im Bürgerkrieg einen Soldaten aus den verfeindeten Nordstaaten zu beherbergen, entscheidet sich dann aber doch, ihn erst einmal gesund zu pflegen. Auch die anderen Frauen im Internat – Lehrerin Edwina Dabney (Kirsten Dunst) sowie die Schülerinnen Alicia (Elle Fanning), Jane (Angourie Rice), Marie (Addison Riecke) und Emily (Emma Howard) – sind sich nicht ganz schlüssig, was sie von dem Fremden halten sollen. Doch je mehr Zeit er bei ihnen verbringt, umso glücklicher sind sie darüber, dass ein Mann in ihrem Haus ist. Vor allem einer, der so gut aussieht wie er.

14 Jahre ist es mittlerweile her, dass sich Sofia Coppola mit ihrem dritten Film Lost In Translation ins Rampenlicht katapultierte und andeutete, dass die Tochter der Regielegende Francis Ford Coppola selbst zu Höherem berufen ist. 14 Jahre, die dann doch etwas anders verliefen. Man nahm es zwar irgendwie zur Kenntnis, wenn die Amerikanerin mal wieder einen neuen Film drehte, einen vergleichbaren Volltreffer konnte die heute 46-Jährige im Anschluss aber nie wieder landen. Und auch bei Die Verführten ist es eher unwahrscheinlich, dass sie sich wieder zurück an die Spitze arbeiten wird – trotz unbestreitbarer Qualitäten, trotz diverser großer Namen.

Neuinterpretation mit anderen Schwerpunkten
Der erste gehört der Vorlage: 1966 unter dem Titel „A Painted Devil“ veröffentlicht, wurde Thomas P. Cullinans Roman später als The Beguiled bzw. Betrogen von Don Siegel für die Leinwand adaptiert. Damals war es Clint Eastwood, der während des Bürgerkriegs einen Frauenhaushalt ziemlich durcheinanderbringt. Nun darf Colin Farrell (Saving Mr. Banks, The Lobster) ran. Allein die neue Besetzung macht klar, dass Coppola die Sache etwas anders angeht. Der prototypische Supermacho-Ami wurde durch einen Iren ersetzt, der ganz gerne auch mal gebrochene, zumindest sanfte Figuren spielt. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass bei ihm aus John McBurney ein Gutmensch wurde. Höflich und zuvorkommend ist er, bescheiden sogar, aber doch auch verschlagen. Ein Mensch, der seinen Charme spielen lässt, um ans Ziel zu kommen. Ein Verführer eben.

Und doch sind es in Die Verführten die Frauen, die das Sagen haben. Die anfangs heimlich und verstohlen, später dafür umso offensiver um die Aufmerksamkeit des hübschen Soldaten buhlen. Verführte, ja, aber auch Verführerinnen. Das ist gerade in der ersten Hälfte oft überraschend witzig, wie vornehme Haltung und animalische Lust miteinander wetteifern. Wie nach Ausreden gesucht wird, um die Nähe des Mannes zu genießen oder ihn ein bisschen länger im Haushalt zu behalten.

Komisch und düster zugleich
Trotz dieser komischen Passagen: Die Verführten lässt keinen Zweifel daran, dass da etwas Dunkles am Horizont wartet. So idyllisch die Natur um das abgelegene Internat ist, so prachtvoll die Kostüme: Immer schwingt da ein finsterer Unterton mit. Das kann durchaus wörtlich zu verstehen sein, über lange Zeit hören wir immer wieder fernes Kanonengrollen. Es sind aber auch die Bilder, denen es immer ein wenig an Farbe mangelt. In denen es zu viel Schatten gibt. Wenn Amy anfangs durch den Wald schlendert, dann erinnert das an Alice im Wunderland: ein verwunschener Ort fernab des Alltags, in dem alles ein wenig anders ist. An dem nicht einmal für den Krieg noch Platz ist.

Audiovisuell ist Die Verführten dann auch ein Fest, zudem erstklassig besetzt. Egal ob Farrell als Hahn im Korb oder die weiblichen Kolleginnen, die mal gemeinsam, mal als Konkurrentinnen auftreten, sie alle geben fesselnde Performances ab. Allerdings muss man sich auf ein recht gemächliches Tempo einstellen: Coppola lässt sich viel Zeit damit, die Konflikte aufzubauen. Bis sich die Geschichte überschlägt, ist sie fast schon vorbei. Und auch die seltsamen Stimmungswandel verhindern, dass der Film für ein größeres Publikum kompatibel ist. Ist Die Verführten eine schwarze Komödie? Ein Drama? Ein Thriller? Irgendwie passt alles und doch nichts so richtig. Denn dafür geht das Werk nie konsequent genug vor. Vieles bleibt hier nur angedeutet, auch inhaltlich, der Zuschauer ist dem bunteren Treiben ebenso ausgeliefert wie der Soldaten-Schönling. Sehenswert ist das Werk der Regisseurin und Drehbuchautorin jedoch unbedingt. Und der Beweis, dass man die Karriere von ihr vielleicht doch wieder etwas aufmerksamer verfolgen sollte.



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Audiovisuell umwerfend erzählt „Die Verführten“ die Geschichte eines Soldaten, der mitten im Krieg zum Hahn im Korb wird. Das ist irgendwo zwischen Komödie, Drama und Thriller angesiedelt, erfordert auch ein bisschen Geduld. Wer sich darauf einlässt, kann bei der Romanadaption eine Menge Spaß haben – auch der erstklassigen Besetzung wegen.
7
von 10