(„Prevenge“ directed by Alice Lowe, 2016)
Ruth (Alice Lowe) ist schwanger! Was für andere ein Grund zum Feiern wäre, versetzt sie aber nicht unbedingt in Euphorie. Nicht nur, dass ihr ungeborenes Kind jetzt schon ihr Leben ganz schön kontrolliert und ihr wenig schöne Aufträge erteilt. Sie muss zudem ganz allein durch die Sache, seitdem sie ihren Mann verloren hat. Sie ist aber nicht der Typ, der sich zu Hause einsperrt und über ihr Schicksal lamentiert. Stattdessen nimmt sie dieses lieber selbst in die Hand und macht sich auf den Weg, die Welt für ihre missliche Lage büßen zu lassen. Ohne Gnade, ohne Reue, dafür mit umso mehr Blut.
Wer zu den regelmäßigen Besuchern des Fantasy Filmfests gehört, der durfte zuletzt eine ganze Reihe von Filmen sehen, die den Zustand der Schwangerschaft ganz schön verteufeln – teils wortwörtlich. So erzählte Antibirth letztes Jahr von den grotesken Erlebnissen einer monströsen Schwangerschaft. Shelley hielt sich zeitgleich zwar in der Realität auf, spielte aber ebenfalls mit dämonischen Anmutungen. Bei den diesjährigen Fantasy Filmfest White Nights fand das Thema nun eine logische Fortsetzung, die es sich irgendwo zwischen den beiden Kollegen bequem macht, inhaltlich wie auch vom Ton her.
Böse, blutig, britisch
Normalerweise ist eine Schwangerschaft ja von Zweisamkeit geprägt. Nicht so hier. Trotz eines kontinuierlich böse einflüsternden Babys ist Prevenge von Anfang bis Ende eine One-Woman-Show: Regie, Drehbuch, Hauptrolle – all das geht auf Alice Lowe zurück. Die soll während ihrer eigenen Schwangerschaft die Idee zu einem Film gehabt haben, der gleichzeitig sehr konventionell und doch wieder reichlich bizarr ist. Und natürlich voll böser Scherze: Wie in Sightseers, der inhaltlich zur Hälfte auf sie zurückzuführen ist, pflegt die Engländerin in ihrem Regiedebüt einen Humor, der sehr böse, sehr blutig und sehr britisch ist.
Dabei lässt sich Lowe lange nicht in die Karten schauen, was genau sie hier denn eigentlich vorhat. Sicher, dass ihr filmisches Alter Ego schon mal über Leichen geht, das wird relativ schnell ersichtlich. Aber wozu und warum, das kristallisiert sich erst mit der Zeit heraus. Nicht, dass es wirklich eine große Rolle spielen würde. Ausgerechnet dann, wenn Prevenge sich dazu durchringt, eine tatsächliche Geschichte erzählen zu wollen, beginnt der Film zu schwächeln. Das liegt zum einen daran, dass der kuriose Anblick einer hochschwangeren Mörderbraut – so witzig er auch sein mag – doch nicht ganz ausreicht, um anderthalb Stunden zu füllen. Zum anderen sind aber auch ihr Hintergrund und ihre Motivation für die Taten wenig erwähnenswert.
Lustig mit ernsten Untertönen
Dafür ist der Weg dorthin in zweifacher Hinsicht spannend. Der angesproche schwarze Humor beispielsweise, der gleichzeitig auch gern ins Absurde hinübergeht, bringt doch eine ganze Menge Lacher mit sich. Sofern man nicht allzu zart besaitet ist, natürlich, denn das wird hier schon mal ein wenig deftiger. Gleichzeitig ist der Film aber auch eine interessante Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung von Frauen und Schwangerschaft. Eine der bittersten Begegnungen ist, wenn Ruth einer Erfolgsfrau gegenübersitzt, die sich jeden Erfolg mit dem Verzicht auf ihr Frausein erkauft hat. Und auch das Gefühl der Entfremdung und Fremdbestimmung, welche die Protagonistin hier plagen, haben bei aller Überspitzung durchaus ihren Ursprung in der Realität. Schade, dass hier nicht mehr draus gemacht wurde, dass die Schwangerschaft zum Ende hin sogar völlig unwichtig ist. Aber nicht jeder Film muss größere Ambitionen verfolgen, manchmal reicht es wie hier, für die Dauer eines Films einen Mordsspaß zu haben.
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