(OT: „Geu-hu“, Regie: Sang-soo Hong, 2017)
Eigentlich läuft es ja nicht wirklich schlecht im Leben von Bong-wan (Hae-hyo Kwon). Er ist ein angesehener Autor, führt einen kleinen, aber feinen Verlag, ist glücklich verheiratet mit Hae-joo (Yun-hee Cho). Oder er war es zumindest, bis diese spitz gekriegt hat, dass er eine Affäre hat. Dem will die Betrogene nicht tatenlos zusehen, stürmt in den Verlag und stellt die junge Angestellte Aureum (Min-hee Kim) zur Rede. Dummerweise kommt sie da jedoch etwas zu spät. Tatsächlich arbeitete die Geliebte Chang-sook (Sae-byuk Kim) für die untreue Seele von Mann, kündigte aber schon vor einem Monat. Die unglückliche Aureum hat hingegen erst heute die Stelle angetreten und muss sich gleich fragen, ob der von ihr so bewunderte Chef wirklich so bewundernswert ist.
So richtig viel scheint Sang-soo Hong ja nicht von Pausen zu halten: Allein 2017 stellte er gleich drei Filme fertig, die allesamt auf diversen Filmfestivals zu sehen war – etwa auf der Berlinale, in Cannes oder aktuell auf dem 35. Filmfest München. Wer diese nicht besucht, wird von dem südkoreanischen Regisseur und Drehbuchautor eher wenig mitbekommen haben. Von Right Now, Wrong Then einmal abgesehen, welches im Dezember hierzulande im Kino lief, sind uns seine Werke bislang vorenthalten worden. Nicht einmal DVD-Releases sind dem gefeierten Filmemacher vergönnt.
Das ewige Leid der Liebe
Dabei sind seine Filme eigentlich relativ gut verdaulich, unterscheiden sich inhaltlich nicht wesentlich von dem, was hierzulande sonst so auf den Markt kommt. Oft dreht es sich um Liebesgeschichten etwas problematischer Natur, um Menschen, die das alles nicht so wirklich auf die Reihe bekommen. Tatsächlich könnten Kenner des obigen Films ein déjà-vu-Erlebnis haben: In beiden Filmen steht ein Künstler und seine Beziehung zu einer Frau im Mittelpunkt, in beiden Fällen spielt Min-hee Kim (Die Taschendiebin) eine wichtige Rolle.
Dass die junge Koreanerin in eine Affäre verwickelt wird, ist natürlich mit einem dicken Schuss Selbstironie verbunden: Hong bandelte im wahren Leben mit ihr während eines Drehs an und verließ für sie seine Frau. Wenn Aureum entrüstet einfordert, Privates und Berufliches doch bitte zu trennen, dann richtet sich das nicht nur an die Filmfiguren, sondern gleichermaßen an das wissende Publikum da draußen. Ansonsten hält sich Hong jedoch mit Meta-Kommentaren zurück. The Day After ist von einer kleinen Flashback-Szene abgesehen eine geradlinige Geschichte um einen Mann, der plötzlich zwischen drei Frauen steht und damit völlig überfordert ist.
Irgendwie traurig, aber doch auch komisch
Das ist im Grunde genommen natürlich schon eine traurige Angelegenheit. Vielleicht sogar tragisch. Dennoch gibt es aus Zuschauersicht immer wieder Gründe hier lauthals loszulachen. Vor allem Hauptfigur Bong-wan, der sich vor jeder noch so kleinen Unannehmlichkeit drückt, ist ein ziemlich komischer Anblick. Egal ob er nun von seiner Frau gelöchert wird oder die Geliebte eine Entscheidung erfordert, lautet seine Devise: weghören, lachen, zur Not noch ein bisschen Alkohol einschenken. Vielleicht erledigt sich das Problem ja dann von selbst?
Diesen Gefallen tut ihm Hong aber nicht. Im Gegenteil: Er geht ganz nah an seine Figuren ran, lässt sie keinen Blick aus den Augen. Meistens besteht das komplett in Schwarz-Weiß gedrehte The Day After aus starren Einstellungen. Wenn Kamera und Protagonisten erst einmal Platz genommen haben, dann verharren sie da auch bis zum Ende der Szene, wenn die wiederkehrende komische Musik ertönt. Nur manchmal folgt der Ausschnitt doch den Charakteren, schwenkt mal vom einen zum anderen, so als wäre man selbst ein Protagonist in dieser Posse und würde ungläubig vom einen zum anderen schauen. Gebraucht hätte es diese Spielereien nicht unbedingt. Aber sie passen doch ganz gut zu einem Film, der genüsslich und mit einem Augenzwinkern die Schwächen seiner Protagonisten freilegt, ihnen dabei gleichzeitig aber auch mit Sympathie begegnet. Anders als viele Kollegen aus Südkorea, die sich Hals über Kopf in seelische Abgründe stürzen, erinnert er uns daran, dass es immer noch einen Tag danach gibt. Auch wenn der bestimmt genauso chaotisch und bescheuert sein wird wie der heutige.
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