(OT: „Another Forever“, Regie: Juan Zapata, USA/D/BRA/NLD/AUT/COL, 2016)
Glücklich war die Ehe von Alice (Daniela Escobar) und John (Marlon Moreno), voller Harmonie und schöner Momente. Aber sie war auch viel zu schnell vorbei: Als John stirbt, bricht für Alice eine Welt zusammen. Unfähig über den Verlust hinwegzukommen oder auch nur irgendetwas zu tun, verbringt sie ihre Zeit damit, auf dem Sofa zu liegen und Erinnerungen nachzuhängen. Bis sie sich entschließt, doch noch der Einladung ihrer besten Freundin Ana (Barbara Scolaro) nachzukommen, sie in Amsterdam zu besuchen. Auf ihrer Reise lernt sie nicht nur, die Vergangenheit zu verarbeiten, sondern auch sich und John auf eine neue Weise kennen.
Einen geliebten Menschen zu verlieren, auf welche Weise auch immer, das ist nie einfach. Von Anfang an gilt das Mitgefühl des Publikums Alice, wie sie da ist und gleichzeitig wieder nicht, in einem Stadium gefangen ist, das weder ganz vergangen noch hier in der Gegenwart angesiedelt ist. Auf das ganz große Drama verzichtet Juan Zapata jedoch, der hier Regie führte und gemeinsam mit Hauptdarstellerin Daniela Escobar das Drehbuch verfasste. Es gibt keine großen Gefühlsausbrüche oder durch die Gegend geworfenes Geschirr. Es ist ein stilles Leiden. Eines ohne Worte oder Regungen. Eines der Fassungslosigkeit.
Hintergründe? Mangelware
Die Wortlosigkeit geht so weit, dass den Zuschauern gar nicht erst verraten wird, was genau eigentlich vorgefallen ist. Wer Alice ist, was sie tut, bleibt ebenso ein Geheimnis wie der Tod ihres Mannes. Wir erfahren nichts darüber, wie sie sich kennengelernt haben, auch das Umfeld bleibt verborgen. Einiges erschließt sich im Laufe der Zeit, indem sich Alice an gemeinsame Szenen erinnert. Zum Beispiel wird auf diese Weise deutlich, dass John gern herumgereist ist, fotografiert hat, Menschen und Kulturen treffen wollte, während sie selbst meist zu Hause blieb. Anderes bleibt ein Rätsel: Der Film ist so nah an der Gedanken- und Gefühlswert von Alice, dass andere kaum hineinkommen.
Wenn sich Alice auf die Reise begibt, dann ist es eben nicht allein, um vor ihrer Vergangenheit zu fliehen und John zu vergessen. Es geht gleichzeitig darum, John wieder näherzukommen, Orte zu besuchen, an denen er war, ihn woanders neu zu spüren. Ein Entkommen gibt es ohnehin nicht: Another Forever macht intensiv von Flashbacks Gebrauch. Anders als in Filmen meist üblich dienen die aber nicht dazu, Informationen und Hintergründe zu vermitteln. Das tun sie eher selten. Vielmehr zeigt das Drama, wie sehr Erinnerungen Teil unserer Gegenwart sind, Teil von uns selbst. Dass es nicht viel braucht, nur einen vergleichbaren Moment, um an frühere zu denken – was die Trauerarbeit ungemein erschwert.
Trauer und Trost Hand in Hand
Nach der anfänglichen Verzweiflung macht sich in Another Forever aber auch Zuversicht breit, die Hoffnung auf ein weiteres Glück. Nicht, indem die Vergangenheit vergessen wird. Auch nicht durch eine neue Liebe, welche die alte ersetzen soll. Mit ihrem Film wollen Zapata und Escobar Mut machen und das Publikum dazu ermuntern, rauszugehen, die Welt zu entdecken, den Moment zu genießen. Das hat tatsächlich etwas Tröstliches, auch wenn zwischendurch das Drama so seine Längen hat, die ständige Verschmelzung von Gegenwart und Erinnerung die Geschichte nicht mehr voranbringt, die Abwechslung gering ist. Schade ist zudem, dass Alice bis zum Schluss eine Fremde bleibt, man eigentlich nie so richtig etwas über sie erfährt. Aber es ist ein schöner, kleiner Film, impressionistisch und leise, eine Liebeserklärung an das Leben, selbst wenn dieses einem übel mitspielt.
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