Ein Aus Weg Frontpage

(OT: „Ein Aus Weg“, Regie: Hannah Stragholz/Simon Steinhorst, Deutschland, 2016)

KurzFilmTour 2017 Plakat
„Ein Aus Weg“ läuft im Rahmen der Kurz.Film.Tour 2017

Die nüchterne Welt des Dokumentarfilms und die farbenfrohen Bilder eines Animationsfilms, das passt doch gar nicht zusammen! So könnte man zumindest meinen. Tatsächlich hat es zuletzt eine ganze Reihe von Beispielen gegeben, wie Filmemacher eine etwas andere Darstellungsform nutzen, um ihre Geschichte zu erzählen. 1917 – Der wahre Oktober beispielsweise brachte uns die vergangene Zeit der Oktoberrevolution durch gezeichnete Figuren wieder, Die Hälfte der Stadt nahm uns mit in ein polnisches Dorf in den 1930ern. In beiden Fällen ging es also darum, durch das Medium Animation etwas zeigen zu können, was längst nicht mehr existiert.

Bei Ein Aus Weg ist das ein bisschen anders. Alexander K. existiert sehr wohl. Leider, wie vielleicht der eine oder andere meinen wird. Denn Alexander sitzt gerade im Knast. Und wird es wohl auch in Zukunft tun, wenn es nach seiner Sozialprognose geht. Maximal neun Monate nach seiner Entlassung würde der wieder straffällig, so lautet das vernichtende Urteil. Schließlich wäre er noch nicht weit unten genug angekommen, um wirklich etwas in seinem Leben ändern zu wollen.

Das Verbrechen aus mehreren perspektiven
Mehrere Leute kommen im Laufe der 20 Minuten zu Wort, dürfen sich zu dem Thema Verbrechen und Gefängnis äußern. Die beiden Regisseure Hannah Stragholz und Simon Steinhorst befragten den Häftling selbst, auch ein Polizist darf aus seinem Alltag erzählen. Schön ist der Alltag nicht. Im Gegenteil: Desillusioniert berichtet er davon, dass weggesperrte Verbrecher schön für die Statistik sind, der Gesellschaft selbst wäre so aber nicht geholfen.

Schön sind aber auch die Bilder nicht. Grob gezeichnet, oft verfremdet, auch farblich, ein bisschen unheimlich bilden sie eine Welt ohne Freude ab. Oft auch ohne Menschen. Teils nah am Erzählten, teils abstrakt oder gar surreal halten Stragholz und Steinhorst aufs Geschehen hin, drehen sich gleichzeitig aber wieder weg. So wie sich die Gesellschaft nicht wirklich mit dem Thema befassen mag. Aus den Augen, aus dem Sinn. Am Ende wird niemand schlauer sein als zuvor, niemand geläutert. Der Gewinner des Deutschen Kurzfilmpreises im Bereich Animation tut nicht so, als hätte er wirklich eine Antwort für die Menschen, die nicht reinpassen, es vielleicht auch gar nicht wollen. Aber er fragt zumindest nach und nötigt das Publikum, es ihm gleichzutun.



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„Ein Aus Weg“ ist ein düsterer animierter Kurzfilm über einen Mann im Knast. Teils ist er selbst das Thema, teils Verbrechen und Gefängnis allgemein. Schön ist das nicht, allein schon der verfremdeten und groben Bilder wegen. Aber es stimmt nachdenklich, lädt ein hinzuschauen, wo keiner hinschauen will.