Ein Chanson für dich
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Ein Chanson für dich

(OT: „Souvenir“, Regie: Bavo Defurne, 2016)

Ein Chanson fuer dich
„Ein Chanson für dich“ läuft ab 6. Juli 2017 im Kino

Wirklich spannend ist der Alltag für Liliane Cheverny (Isabelle Huppert) ja nicht. Tagsüber bringt sie in einer Fabrik kleine Dekoelemente auf Pasteten an. Wenn sie dann abends in ihre Wohnung zurückkehrt, wartet auf sie … was eigentlich? Doch früher, da war das anders. Vor 30 Jahren brachte sie es als Chanson-Sängerin Laura tatsächlich zu Ruhm, hätte sogar beinahe den Eurovision Song Contest gewonnen! Doch so schnell die Karriere kam, so schnell war sie wieder vorbei. Und daran denken möchte sie auch nicht mehr. Bis sie bei der Arbeit den 22-jährigen Boxer Jean Leloup (Kévin Azaïs) kennenlernt. Der stachelt sie an, doch wieder aufzutreten und ein Comeback zu wagen. Aber will sie das überhaupt noch mal, in ihrem Alter?

Vorsicht mit dem alten Eisen! Dass man die Helden von einst nicht vorzeitig abschreiben sollte, das haben uns Filme immer wieder gezeigt. Meistens geht es dabei um frühere Sportprofis, die dem jungen Gemüse noch einmal zeigen dürfen, was in ihnen steckt. Aber auch die Unterhaltungsindustrie bietet einen dankbaren Anlass, Schauspielveteranen ein zweites Leben einzuhauchen. Vorhersehbar, ja, aber doch immer wieder nett. Geschichten über Underdogs, die am Ende über ihre Kritiker und Spötter triumphieren, die mögen wir doch alle.

Comebackstory und Romanze in einem
Auch Ein Chanson für dich spielt mit diesem Thema, wenn hier eine – unter unwürdigen Umständen – ausrangierte Sängerin das „Comeback des Jahres“ wagt, wie es der Film gern nennt. Doch die Musik ist genau genommen nur zweitrangig, selbst wenn Huppert an mehreren Stellen ihr Gesangstalent zur Schau stellt. Wichtiger ist die langsam sich anbahnende Beziehung zwischen ihrer Figur Liliane und dem jungen Sportler Jean. Denn aus Neugierde und Ehrfurcht wird bald mehr.

Wenn eine ältere Dame mit einem 40 Jahre jüngeren Verehrer anbandelt, hätte das schnell lächerlich bzw. unglaubwürdig werden können. Ungewöhnlich ist es zumindest: Normalerweise sind es die alten Herren, die sich sehr viel jüngere Models an die Seite holen. Dass Ein Chanson für dich nicht einfach nur die feministische Version dieser filmischen Absurditäten geworden ist, hat vor allem zwei Gründe.

Ein Film wie aus einer anderen Zeit
Zunächst einmal tut Regisseur und Co-Autor Bavo Defurne gar nicht so, als wäre das hier alles völlig normal. Ungläubig, geradezu verstohlen sind die Blicke von Liliane, die so gar nichts damit anzufangen weiß, wenn ihr jugendlicher Verehrer die Nähe zu ihr sucht. Kleinere humoristische Schlenker gehören zu dem Liebesfilm dann auch dazu, egal ob der Belgier von seinen Protagonisten oder dem eitlen Firlefanz des Liederwettbewerbs erzählt. Und selbst wenn Ein Chanson für dich sich mal ernsthaft auf die Romanze an sich konzentriert, haftet ihr immer etwas leicht Märchenhaftes, aus der Zeit Gefallenes an. Jean trägt einen kleinen Schnauzbart, der die Zahl auf dem Kalender infrage stellt. Liliane schlüpft in ein Kleid, von dem sie selbst sagt, dass es altmodisch ist. Und auch während der Szenen, wenn die beiden mit dem Moped unterwegs sind, meint man einen Film vor sich zu haben, der selbst vor 30 Jahren gedreht wurde.

Und dann wäre da natürlich die Besetzung. Die kürzlich durch Elle international frenetisch gefeierte Huppert (Alles was kommt, Sehnsucht nach Paris) strahlt als Grande Dame sowohl auf der Bühne wie in einer Fabrikschürze unglaubliche Würde aus. Große Gesten braucht sie hierfür nicht, sie brilliert wie so oft mit ihrem subtilen Gespür fürs Detail. Dem gegenüber steht der bislang noch wenig bekannte Darsteller Azaïs (Liebe auf den ersten Schlag, Jeunesse), der mit aufrichtigem Hundeblick seine berühmte Kollegin anstrahlt und ein würdiger Schauspielpartner ist. Wenn diese beiden zusammenkommen, bleibt gar nicht mehr die Zeit, Gedanken an Glaubwürdigkeit oder die im Grunde sehr seichte Geschichte zu verschwenden. Hier darf man noch hoffen, träumen, an ein Leben glauben, wo Alter und Jahre keine Bedeutung haben. Wo Liebe und Aufrichtigkeit alle Hindernisse überwinden können.



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Eine in die Jahre gekommene Chansonsängerin versucht das Comeback und verliebt sich in einen 40 Jahre jüngeren Boxer – das ist der Stoff, aus dem filmische Träume gemacht sind. Glaubwürdig ist das weniger, dazu ziemlich seicht. Der gelegentliche Humor, die märchenhafte Stimmung und ein wunderbar harmonierendes Darstellerduo gleichen die inhaltlichen Schwächen aber über weite Strecken aus.
6
von 10